Süddeutsche Zeitung

Garmischer Autobahn:Raser auf der Rennstrecke

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Von Marco Völklein, München

Ein Großaufgebot von etwa 100 Feuerwehrleuten, drei Notärzten und zwei Rettungshubschraubern sowie eine Sperrung der A 95 für gut vier Stunden - das waren die Folgen eines schweren Raserunfalles an Heiligabend kurz vor der Ausfahrt Fürstenried.

Nach Angaben der Verkehrspolizei in Weilheim war ein 47-jähriger Münchner zusammen mit seiner 36-jährigen Lebensgefährtin in einem erst vor sechs Tagen erstandenen Porsche GT4 von Garmisch in Richtung München unterwegs. Gegen 20.30 Uhr verlor der Mann "vermutlich infolge wesentlich überhöhter Geschwindigkeit", wie es im Polizeibericht heißt, die Kontrolle über den Porsche, driftete nach rechts von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und fing Feuer.

Fahrer und Beifahrerin konnten sich zwar noch aus dem lichterloh brennenden Wrack befreien, zogen sich dabei allerdings so schwere Brandverletzungen zu, dass sie in Spezialkliniken transportiert werden mussten. Dazu beorderte die Leitstelle der Münchner Feuerwehr den in Großhadern stationierten Rettungshelikopter "Christoph München" sowie einen in Regensburg beheimateten Hubschrauber an die Unfallstelle. Diese flogen die Verletzten in Spezialkliniken nach Stuttgart und Innsbruck. Den Gesamtschaden schätzt die Verkehrspolizei auf 150 000 Euro.

"Mal richtig krachen lassen"

Die Garmischer Autobahn gilt schon seit Jahren als beliebte Strecke bei Schnellfahrern. In diversen Internetforen kursieren Tipps von Liebhabern schneller Schlitten, wie sie es auf der Autobahn "mal richtig krachen lassen" können. Als eine Art "Carrerabahn für Männer mit Geld" bezeichnen einige die Strecke, wenngleich Polizei und Staatsregierung keinesfalls von einer "Raserautobahn" sprechen wollen.

Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren entlang der Strecke berichten aber immer wieder von schweren Unfällen, insbesondere von Sportwagenfahrern, die sich und ihr Gefährt überschätzt hätten. Besonders bei feuchtem Wetter müssten die Retter in der Regel nur noch darauf warten, dass es auf der 67 Kilometer langen Strecke früher oder später kracht.

Geringe Lkw-Dichte und kaum Tempolimits

Beliebt sei die Strecke bei Schnellfahrern unter anderem wegen der geringen Lkw-Dichte und den kaum vorhandenen Tempolimits, heißt es bei den Rettungskräften entlang der Autobahn. Um das Risiko zu minimieren, fordern Feuerwehrler immer wieder Geschwindigkeitsbegrenzungen bei 130 Stundenkilometern. Manch ein Helfer hegt den Verdacht, dass die modernen Assistenzsysteme in den Autos wie ABS und ESP viele Fahrer dazu verleiten, sich in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen sowie sich selbst zu überschätzen.

Vor etwas mehr als einem Jahr befassten sich Fachleute der Autobahndirektion Südbayern sowie der Polizei schon einmal mit der Strecke intensiver, weil es zuvor einige, zum Teil schwere Unfälle gegeben hatte, an denen Fahrer von Sportwagen beteiligt gewesen waren. Eine rechtliche Grundlage für die Einrichtung von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der A 95 konnten die Juristen damals aber nicht erkennen. Der ADAC Südbayern hatte damals die Tipps im Internet kritisch gesehen. Durch das "unvernünftige Verhalten Einzelner" würden die Befürworter von Tempolimits an der Strecke beflügelt.

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Quelle:
SZ vom 28.12.2015
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