Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Weiße Sprösslinge im Tunnel

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Die Spargelsaison hat begonnen. Die Ebersrieder Landwirtsfamilie Wolf hofft noch auf etwas steigende Temperaturen. Immerhin gibt es endlich wieder genügend Erntehelfer.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Auch wenn in den zurückliegenden Wochen noch einmal kurz der Winter zurückgekehrt ist, ist der Frühling nicht mehr aufzuhalten. Ein sicheres Zeichen dafür ist der Beginn der Spargelsaison. Auf dem Münchner Viktualienmarkt hat ihn Ministerpräsident Markus Söder (CSU) öffentlichkeitswirksam bereits Ende März verkündet. In den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau ist man nicht ganz so schnell. Drei der vier dort ansässigen Spargelbauern warten noch auf mildere Temperaturen. Nur in Haimhausen ernten die Brüder vom Obsthof Knab schon seit mehr als einer Woche das begehrte Frühlingsgemüse.

In dieser Woche will auch der Familienbetrieb aus Ebersried seine Verkaufsstände öffnen

Im Betrieb von Erdbeeren und Spargel Wolf aus Ebersried, der viele Verkaufsstände im Landkreis Fürstenfeldbruck hat, hat die Spargelsaison noch nicht begonnen. "Wir hoffen, dass wir in der Woche vor Ostern starten können. Das hängt davon ab, wie schnell sich der Boden wieder erwärmt", erklärt Manfred Wolf. Auf der Homepage des direkt an der Grenze der Kreise Fürstenfeldbruck und Dachau in der Gemeinde Pfaffenhofen an der Glonn gelegenen Familienbetriebes wird der Beginn verhalten für das Osterwochenende angekündigt. "Wir arbeiten teilweise auch mit Minitunneln", die Methode werde jedoch nur auf manchen Feldern angewendet, um das Gemüse zu unterschiedlichen Zeitpunkten ernten zu können.

"Wir haben mit Doppelabdeckung gearbeitet", sagt Andreas Knab. Damit meint der junge Landwirt, dass der unterirdisch wachsende Spargel nicht nur mit einer Folie bedeckt wird, um ihn vor Sonnenlicht und Austrocknung zu schützen. Sondern auch, um mit den Folienfarben Schwarz und Weiß Wärme und Kälte unter der Abdeckung regulieren zu können. Die Knab-Brüder haben unter dieser Folie zusätzlich Minitunnel gebaut, die ebenfalls mit Folie bedeckt werden.

"Wir haben einen enormen Aufwand betrieben", unterstreicht Knab. Die Entscheidung für die Doppelabdeckung resultiert aus Versuchsergebnissen, die laut Knab gezeigt hätten, dass die Erde unter den Minitunnel mit zusätzlicher Folienabdeckung etwa zwei Grad wärmer ist. Das bewirkt, dass die Pflanzen darunter schneller wachsen können. "Ohne Folie würde es theoretisch auch gehen, aber dann wären wir drei oder vier Wochen später dran", erläutert er. Und sie hätten sehr viel violetten Spargel, da die Stangen die Farbe ändern, sobald sie aus der Erde sprießen und Sonnenlicht abbekommen. Auch dagegen sowie gegen weitere Qualitätsverluste hilft der Einsatz der Folie. Zu kaufen gibt es den jungen Spargel seit Ende März unter anderem an den fünf Verkaufsautomaten vom Obsthof Knab.

Unter den Landwirten ist umstritten, wie intensiv Folien eingesetzt werden sollten

Kritisch sieht Traudi Reischl vom Reischlhof in Großinzemoos den zunehmenden Einsatz der Folie für den Spargelanbau. "Wir wissen alle, was das für ein Problem ist mit dem Plastik." Die Folie bewirke zwar, dass der Spargel weiß bleibt und nur einmal am Tag gestochen werden muss. Aber sie koste viel, auch bei der Entsorgung, und das Auf- und Abdecken der Felder mache viel Arbeit, erklärt Reischl, die hofft, in der Woche vor Ostern mit dem Stechen beginnen zu können. Zwar habe man schon immer mit einer Folie beim Spargelanbau gearbeitet. Aber Doppel- oder gar Dreifachabdeckungen findet sie etwas übertrieben. Außerdem bewirkt der frühere Saisonbeginn nach der Erfahrung der Landwirtin keineswegs, dass sie für einen längeren Zeitraum Spargel verkaufen könnten. "Je früher die Spargelsaison beginnt, desto früher ist sie auch wieder vorbei." Da frage sie sich schon, "ob es nicht sinnvoller wäre, der Natur ihren Lauf zu lassen". Wie Traudi Reischl erzählt, hat sie sich deshalb sehr über Söders öffentlichkeitswirksame Eröffnung der Spargelsaison Ende März auf dem Viktualienmarkt geärgert.

Wolf hat im Unterschied zu Traudi Reischl nicht erlebt, dass die Kunden irgendwann genug haben vom Spargel, weil die Saison früher losgegangen ist. "Es ist schon so, dass auch im Juni noch Spargel nachgefragt wird. Es gibt schon viele Spargelfans", auch zum Grillen werde er gerne als Beilage gegessen, erzählt Wolf. Offiziell endet die Saison am 24. Juni.

"Dass der Spargel teurer sein wird, ist auch klar", sagt Manfred Wolf

Erntehelfer aus Rumänien oder Polen, die in den vergangenen zwei Jahren pandemiebedingt oft ferngeblieben sind, sind 2022 wieder da, wie Knab, Wolf, Reischl sowie Margit Heitmeier vom gleichnamigen Spargelhof in Altomünster allesamt berichten. Die ausländischen Helfer offiziell anzumelden sei zwar "Bürokratismus ohne Ende", sagt Heitmeier. Aber sie dürfen wiederkommen. Mehr Sorgen bereiten auch der Hausherrin die Folien, die für den Anbau benötigt werden. "Was unheimlich aus dem Ruder läuft, sind die Kosten." Die Entsorgung koste eine Menge Geld. Manfred Wolf ergänzt mit Blick auf die in allen Bereichen gestiegenen Kosten: "Dass der Spargel teurer sein wird, ist auch klar."

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