Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Die Ruhe in den Bergen ist dahin

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Warum Reinhold Messner mit den Folgen des Alpintourismus hadert und doch weiterhin gern über die Gipfel dieser Welt spricht, auch in Fürstenfeldbruck.

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Die Berggletscher schmelzen oder brechen gleich ganz weg, die Felsen bröckeln, die Vegetation vertrocknet oder brennt nieder - der Klimawandel zeigt sich an den Münchner Hausbergen ebenso wie an der Marmolata oder in noch höheren Höhen. Diese Höhe, die über 8000 Meter, kennt Reinhold Messner, 77, so gut wie die Gipfel seiner Südtiroler Heimat. Oft hat er mit den Bergen den Kampf aufgenommen, er liebt sie und sieht mit großer Sorge, was da passiert. Messner wird am 22. September in Fürstenfeldbruck seinen neuen Vortrag "Nanga Parbat - mein Schicksalsberg" halten, und seine Fans haben sich schon Karten gesichert. Sie dürften nicht enttäuscht werden, wenn der Extrembergsteiger das erzählt und zeigt, was er im Gespräch mit der Fürstenfeldbrucker SZ angekündigt hat.

"Das traditionelle Bergsteigen, also über Gletscher, Eiswände, auch an großen Felswänden ist gefährlicher geworden", sagt Reinhold Messner. Die Gründe dafür seien der fehlende Permafrost und die schnellere Verwitterung. Das Klettern an sich sei als Sport olympisch geworden und finde in der Halle statt. Als Beispiel nennt Messner das große Zuschauerinteresse bei den Championships in München, wo mehr als 20 000 Menschen die Wettbewerbe der Kletterer auf dem Königsplatz verfolgt hätten. "Das Gebirge ist viel zu gefährlich, um dort so zu klettern, das wäre auch ethisch nicht vertretbar." Aber, so sagt der Bergsteiger und Buchautor: "Das hat mit der Auseinandersetzung Mensch und Natur nichts zu tun."

Das genau ist sein Thema, das er unter anderem in Vorträgen, aber auch in seinen Museen versucht zu transportieren. Fünf Messner Mountain Museen gibt es mittlerweile in Südtirol, und dort will er "mit anderen Mitteln als im Buch, im Vortrag oder im Film zu erzählen, was eigentlich passiert, wenn Mensch und Berg sich begegnen". Offensichtlich funktioniere das, er habe versucht, "unseren Bergtourismus kulturell zu unterfüttern". Die Ausstattung in den Museen, unter anderem in Sigmundskron bei Bozen oder im Schloss Juval, ist authentisch und reicht vom Eispickel bis zur indischen Bronzestatue.

Messner räumt ein, dass er selbst durch sein Vorbild dazu beigetragen habe, dass viele Tausend Menschen heute im Himalaya unterwegs sind und die höchsten Gipfel der Erde bezwingen wollen. "Ich wälze mich aus dieser Verantwortung nicht heraus, aber ich kann dagegen nichts machen." Ebenso sieht er das Dilemma, dass die Menschen hierzulande Ruhe und Harmonie bei einem Ausflug in die Berge suchten, aber dann doch "alle auf einer Almwiese zusammenkommen", um beim Heimfahren ein einziges Chaos anzurichten und sich Stress auszusetzen.

Die hohen Berge, sagt Messner, seien heute präpariert für Massenaufstiege, ob Matterhorn, Montblanc oder Mount Everest: "Da entstehen wieder Aggression und Hektik." Worum es eigentlich bei der Bezwingung der Gipfel ging, die Auseinandersetzung mit der Gefahr etwa, gebe es nicht mehr, "es ist Konsum geworden". Dennoch, und dafür will Messner in Fürstenfeldbruck werben, lohne sich der Blick auf die Berge, vor allem die hohen, auch heute noch. Vom Nanga Parbat will er erzählen, er will neue Fotos und Filme zeigen und die Zugänge erklären, die viele Bergsteiger vor ihm und er selbst gewählt haben. Anders als der Untertitel seines Vortrags lautet, nennt Messner den Nanga Parbat, wo er 1970 seinen Bruder verlor, "meinen Schlüsselberg".

Reinhold Messner "Nanga Parbat - mein Schicksalsberg", Donnerstag, 22. September, 20 Uhr, Stadtsaal Fürstenfeldbruck, Karten im Vorverkauf zum Preis von 32,90 bis 41,90 Euro

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