Süddeutsche Zeitung

Containern:"Der Weg vors Verfassungsgericht steht uns offen"

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Von Ariane Lindenbach, Olching

Das Urteil gegen Caro und Franzi wegen Diebstahls ist rechtskräftig. Die Studentinnen aus Olching, die nicht mit vollem Namen genannt werden wollen, waren im Juni 2018 nachts von der Polizei beim Abtransport von Lebensmitteln im Wert von etwa hundert Euro erwischt worden, die sie zuvor aus der Mülltonne eines Supermarktes genommen hatten.

Ende Januar gab es eine Verhandlung wegen Diebstahls vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck, nachdem Versuche seitens des Gerichts, das Verfahren gegen Auflage einzustellen, gescheitert waren. Begleitet wurde der Prozess von einer öffentlichen Kundgebung gegen Lebensmittelverschwendung vor der Sparkasse Fürstenfeldbruck.

Wie die jungen Frauen jetzt in einer Stellungnahme schreiben, wollen sie mit ihren Rechtsanwälten klären, ob eine Verfassungsklage Erfolgsaussichten hat. "Für uns bleibt weiterhin die Absurdität bestehen, dass in Zeiten der Klimakrise der Schutz unserer Lebensgrundlage hinten angestellt wird. Neue Fragen fordern andere Antworten. Der Weg vors Verfassungsgericht steht uns offen", schreiben sie.

Am Montag hat nun das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) die Revision gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 30. Januar verworfen und den Tatbestand des Diebstahls bestätigt. In dem Gerichtsbeschluss vom 2. Oktober bestätigen die Münchner Richter grundsätzlich die Urteilsbegründung des Fürstenfeldbrucker Kollegen.

Auch wenn die Lebensmittel eines Supermarktes in einem verschlossenen Container zur Entsorgung gedacht waren, so seien sie doch nach wie vor im Besitz des Unternehmens gewesen. Es handle sich somit um Diebstahl. "Die Lebensmittel waren zwar für die Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen ausgesondert worden." Allerdings habe die Firma Edeka das Eigentum an den Lebensmitteln trotz Aussonderung nicht aufgegeben. Der Supermarkt sei zudem für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der in Verkehr gebrachten Lebensmittel verantwortlich.

Die beiden Frauen waren im Januar vom Amtsgericht verwarnt und zu einer Geldstrafe von je 225 Euro unter Vorbehalt sowie acht Sozialstunden bei der Tafel verurteilt worden. Die Geldstrafe muss nur gezahlt werden, wenn sie in einem festgelegten Zeitraum, in der Regel zwei Jahre, erneut straffällig werden. "Der Beschluss ist eine große Ernüchterung für uns", schreiben Caro und Franzi. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Drittel der Lebensmittel im Müll lande. Sie verweisen auf die große, weltweite Demonstration für das Klima vor drei Wochen und darauf, dass Lebensmittelverschwendung nicht unbeteiligt daran sei.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2019
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