Süddeutsche Zeitung

Klage gegen Olching:Rätsel um Bürgschaftsurkunde

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Dokumente, die auf mysteriöse Weise verschwinden und Baustellen, die nicht fertig gestellt werden: Die Gemeinde Olching streitet sich mit der Bank eines Bauträgers vor Gericht.

Erich C. Setzwein

Die neuen Bewohner des Baugebiets am Estinger Bahnhof können in Kürze mit einer aufgeräumten und abgesicherten Baustelle rechnen, die Gemeinde Olching aber muss sich auf eine juristische Auseinandersetzung um eine Bürgschaft für die Erschließung des Areals einstellen. Ende Oktober soll vor dem Landgericht München II die Klage der Raiffeisenbank Pfaffenhofen an der Glonn gegen die Gemeinde verhandelt werden. Es geht um das mysteriöse Verschwinden einer Bürgschaftsurkunde aus dem Rathaus und darum, ob die Bankbürgschaft für den Bauträger über immerhin zwei Millionen Euro weiter existiert.

"Als regionale Genossenschaftsbank legen wir Wert darauf, dass wir sauber arbeiten", kommentiert der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Pfaffenhofen, Martin Bauer, die Angelegenheit, die sein Haus nun seit Mitte 2008 beschäftigt. Damals bürgte die Raiffeisenbank als Hausbank der Erschließungsträgerin Rüwo Hausbau GmbH für zwei Millionen Euro, die Olching im Rahmen des Erschließungsvertrages für das Baugebiet "Raum Schule" in Esting verlangt hatte.

Die Gemeinde wollte damit absichern lassen, dass dort nicht nur die Straßen angelegt werden, sondern der geforderte Lärmschutz errichtet wird. Die Bürgschaftsurkunde lag seither im Olchinger Rathaus und wäre zurückgegeben worden, wenn alle Arbeiten vertragsgemäß abgeschlossen worden wären. Obwohl dies nach Auffassung der Gemeinde nicht der Fall ist, ist die Urkunde inzwischen wieder im Besitz der Bank.

Auf welchen Wegen die Urkunde nach Pfaffenhofen gelangt ist, darüber hat sich offenbar nicht nur der Rechtsstreit entzündet, auch von polizeilichen Ermittlungen ist die Rede. Die offizielle Sprachregelung im Gemeinderat ist, dass sie aus dem Rathaus "abhanden gekommen" ist. Bankvorstand Bauer stellt dazu fest: "Wir haben die Bürgschaftsurkunde zurückbekommen." Wann und von wem, das sagt Bauer nicht, aber: "Es ist in unserem Sinne, dass es juristisch geklärt wird."

Dass die angebliche Rückforderung der Bürgschaft durch die Gemeinde die Existenz der Hausbaufirma zerstörte und sie in der Folge Insolvenz anmelden musste, wie Geschäftsführer Volkmar Sauer es darstellt, dazu will sich Sauers Hausbank mit Verweis auf das Bankgeheimnis nicht äußern.

Ähnlich schweigsam wird auch der Olchinger Bürgermeister Andreas Magg, wenn er auf die Vorgänge um das dubiose Verschwinden der Bürgschaftsurkunde angesprochen wird. "Die Gemeinde geht davon aus, dass sie auf die Bürgschaft noch zurückgreifen kann", sagt der Bürgermeister. Dass es neben der Zivilklage gegen die Gemeinde auch eine strafrechtliche Komponente geben soll, das will Magg mit Hinblick auf laufende Verfahren nicht kommentieren.

Worüber der Olchinger Bürgermeister allerdings spricht, ist die Vereinbarung, die mit Sauer am Dienstagnachmittag im Landratsamt Fürstenfeldbruck getroffen wurde. Dort wurde im Beisein von Vertretern der Kreisbehörde und der Gemeinde Olching über die Hinterlassenschaften auf der Baustelle am S-Bahnhof gesprochen.

Magg beurteilte das Ergebnis wegen einschlägiger Erfahrungen mit dem Erschließungsträger zwar verhalten, hofft aber doch, dass Geschäftsführer Volkmar Sauer seiner Verpflichtung nachkommt, bis spätestens 2.Oktober den Müll vom Grundstück zu entfernen, die Spielgeräte auf den beiden neuen Spielplätzen zu sichern und die "Gefahrenquellen", wie Sauer sie nennt, zu beseitigen.

Außerdem wurde besprochen, dass auch ein Baucontainer wegkommt, der auf einem Gemeindegrundstück abgestellt ist. Wann das passieren soll, ist ebenso offen wie die komplette Fertigstellung des Baugebiets. Darauf dringt die Gemeinde, dafür war die Bürgschaft gedacht.

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Quelle:
SZ vom 23.09.2010
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