Süddeutsche Zeitung

Kitas:Puchheim streicht Zuschüsse

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Die Stadt will künftig weder Defizite noch Nebenkosten und Ausstattung bezahlen und sieht die Träger der Krippen und Kindergärten in der Pflicht, besser zu wirtschaften. In vielen Fällen dürften die Gebühren steigen

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Eltern in Puchheim müssen demnächst wohl mehr Geld für Kindergärten und Krippen bezahlen. Denn der Stadtrat hat am Dienstag einstimmig beschlossen, in Zukunft weder Defizite der Kitas zu übernehmen, noch Nebenkosten oder bestimmte Ausstattung zu bezahlen. Dafür soll ein "Qualitätsfonds" eingerichtet werden, um besondere pädagogische Leistungen zu fördern, etwaige Überschüsse dürfen die Kitas behalten.

Insgesamt sind sieben Träger mit zusammen 13 Krippen, Kindergärten und Horte von der neuen Regelung betroffen. Ihr aufaddiertes Defizit beläuft sich nach Angaben aus dem Sozialamt auf durchschnittlich etwa 375 000 Euro im Jahr. Insgesamt gibt die Stadt mehr als zehn Millionen Euro im Jahr für den Betrieb aus. Dabei erwirtschaften einige Häuser einen Überschuss, andere ein Defizit.

Die Regelungen mit den verschiedenen Trägern sind sehr unterschiedlich, schon weil sie über einen weiten Zeitraum zwischen 1972 und 2016 vereinbart worden sind. Die kirchlichen Träger kamen bisher schon für die Nebenkosten selber auf, erklärte der Sozialplaner Martin Kulzinger vom Sozialamt. Mehrere Stadträte hoben deshalb auf Gleichbehandlung und Transparenz ab. Vor allem aber geht es ums Geld, um eine "Risikominderung" für die Stadt, sagte Kulzinger. Er verwies darauf, dass die Einrichtungen nach dem Gesetz von Kommunen, Freistaat und Eltern finanziert werden müssen. In Puchheim trage die Stadt fast die Hälfte der Kosten, der Freistaat rund ein Drittel und die Elternbeiträge würden nur etwa 17 Prozent decken. Puchheim erhebe im Vergleich mit den anderen großen Kommunen im Landkreis die niedrigsten Gebühren.

Das künftige Finanzierungsmodell sieht vor, dass die Kitas Defizite selber tragen müssen und Überschüsse behalten dürfen. Obendrein sollen Krippen und Kindergärten künftig Nebenkosten wie Wasser, Strom und Reinigung sowie die Ausstattung etwa mit Spielgeräten und EDV-Systemen selber schultern. Im Gegenzug legen die Träger künftig die Elternbeiträge selber fest. Kulzinger sagte der SZ, er gehe nicht von "massiven" Steigerungen aus. Über das Sparpotenzial der Stadt gab es keine Aussagen. Der Kämmerer hofft, die Kosten stabil zu halten. Die neue Regel soll vonSeptember 2019 an in einer dreijährigen Übergangsphase schrittweise umgesetzt werden. Die Stadt muss darüber mit den Trägern verhandeln.

Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) sprach von einem "gerechten System", das die Kitas zu mehr "Eigenverantwortlichkeit" anhalte. Wenn die einen Überschüsse und die anderen Defizite erwirtschaften, sei das ein Hinweis auf "Spielräume". Die Kommune könne nicht Träger mit Defiziten auffangen, deshalb sei ein "Systemwechsel" sinnvoll.

Als Zuckerl soll das Sonderförderprogramm der Stadt in Höhe von 100 000 Euro in Qualitätsfonds umgetauft und auf bis zu 250 000 Euro aufgestockt werden. So stand es in der Vorlage, allerdings sind nicht alle Stadträte einverstanden. "Wir sollten die Gewinne nicht durch Subventionen wieder ankratzen", rügte CSU-Fraktionssprecher Thomas Hofschuster. Davon abgesehen begrüße die CSU die Umstellung "ausdrücklich". Als notwendig bezeichnete Kita-Referentin Sigrun Matthes (SPD) die neue Regelung, während Gisella Gigliotti (Grüne) sie als "grundsätzlich richtig und gut" lobte. Allerdings warnte Gigliotti, dass sich Träger zurückziehen könnten. Das sei andernorts der Fall.

Widerspruch kam lediglich von Lydia Winberger (Grüne): "Es wird erhebliche Beitragssteigerungen für die Eltern geben, weil die Träger erheblich mehr bezahlen müssen." Denn Nebenkosten und Ausstattung seien bisher nicht in der Defizitabrechnung enthalten, sondern kämen jetzt noch obendrauf. Winberger geht davon aus, dass keine Einrichtungen mehr einen Überschuss erwirtschaften kann.

Insgesamt fürchtet Winberger, dass die Qualität der Krippen und Kindergärten in Puchheim sinken wird, wenn die Einrichtungen sparen müssen. Obendrein seien die Anforderungen höchst unterschiedlich. Manche Kitas hätten eine "schwierigere Klientel", andere zahlungskräftigere Eltern. Trotz dieser Kritik votierte Winberger wie alle anderen Stadträte doch für das neue Modell, weil sie die "Vergleichbarkeit", die damit eingeführt werden soll, prinzipiell richtig findet.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2018
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