Süddeutsche Zeitung

Gebäude stand nicht unter Denkmalschutz:Eine Wirtschaft weniger

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Im Fürstenfeldbrucker Ortsteil Puch wird das Gasthaus "Westermayer" durch einen Neubau ersetzt. Die Stadt sieht keine Einflussmöglichkeiten

Von Stefan Salger, Füsrstenfeldbruck

Ziemlich marode war das alte Gasthaus Westermayer an der Langbehnstraße im Brucker Ortsteil Puch. Im Bauausschuss am Mittwoch stellen sich dennoch mehrere Politiker die Frage, ob man dem Wirtshaussterben nicht Einhalt gebieten und den Abriss hätte verhindern können. Die klare Antwort von Stadtbaurat Johannes Dachsel: Nein. Streng genommen könnte man noch nicht einmal bei der Fassadengestaltung des Mehrfamilienhauses mitreden, das hier errichtet wird.

Denn unter Denkmalschutz stand das Haus nicht. Und es gibt dort keinen Bebauungsplan. Neubauten in dem "überplanten Innenbereich" müssen sich nach Paragraf 34 Baugesetzbuch in die Umgebungsbebauung "einfügen". Zudem muss die Erschließung gesichert sein und das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. In Streitfällen haben Bauherren, denen eine Gemeinde allzu viel reinreden will, gute Chancen vor Gericht.

Das Gasthaus Westermayer stand seit langer Zeit schon leer. Viele Menschen im Ort verbinden mit ihm die Erinnerung an die langjährige Wirtin Maria Westermayer, die 2018 im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Auch im hohen Alter bewirtete sie noch einen kleinen Kreis von Stammgästen. Am Ende schenkten sich diese das Bier sogar selbst ein. Maria Westermayer war eine Gastwirtin aus Überzeugung. Ein Nachfolger für das in die Jahre gekommene Haus in bester Lage, das an den Adoptivsohn vererbt wurde, fand sich dann aber nicht mehr.

Deshalb sollen auf dem Grundstück nun zwei Mehrfamilienhäuser mit Satteldächern errichtet werden. Die Fassade des Hauptgebäudes mit acht Wohneinheiten, das etwas weiter vom Straßenrand weggerückt werden soll, orientiert sich dabei durchaus am alten Gasthof. Das rückwärtige Haus anstelle einer ehemaligen Maschinenhalle bietet auf Erd-, Ober- sowie Dachgeschoss Platz für sechs Wohnungen. Vorgesehen sind eine Tiefgarage, die 23 Fahrzeuge aufnehmen kann, sowie drei oberirdische Stellplätze.

Unter Berufung auf die Geschäftsordnung betont Stadtbaurat Johannes Dachsel, dass das Bauvorhaben streng genommen gar nicht mehr dem Ausschuss vorgelegt werden müsste. Wegen der "städtebaulichen Relevanz" geschieht dies dann aber doch - allerdings nur "zur Kenntnisnahme". Dachsel macht deutlich, dass sich an dem Vorhaben so oder so kaum rütteln lässt, weil alle Bedingungen des Paragrafen 34 erfüllt sind. Die Stadt hat auch deshalb Interesse an zügigen Bauverfahren, weil ihr durch die Novelle der Bauordnung eine Dreimonatsfrist vorgegeben wird. Würde sie beispielsweise versuchen, per Bauleitverfahren deutlich Einfluss auf einen Bauantrag zu nehmen, muss sie dies innerhalb der Frist in die Wege leiten. Versäumt sie es, gilt automatisch Baurecht.

Für eine zügige Baugenehmigung spricht sich Franz Höfelsauer (CSU) aus. Noch deutlicher wird Georg Stockinger (Freie Wähler). Der 60-Jährige ist selbst früher in den Kindergarten gegangen, den es einst in einem Flügel des Gasthauses Westermayer gegeben hat. Das Recht sei aber nun mal auf der Seite des Bauherrn, und auch die Nachbarn hätten keine Einwände gegen die beiden Neubauten.

Kritischer sieht es Hans Schilling (CSU), der mit Blick auf das Ortsbild warnt, unter Berufung auf den Paragrafen 34 könnten scheibchenweise Tatsachen geschaffen werden, die nicht im Sinne der Einwohner sind. Auch sein Fraktionskollege Andreas Lohde warnt vor einem "Kleinklein" und würde sich Landwirtschaft oder Direktvermarktung an der Stelle wünschen. Dachsel sieht das ähnlich. Die genaue Nutzung lasse sich aber nicht vorschreiben - "auch wenn mir das leid tut". Man werde die alte Zeit nicht konservieren können, pflichtet Zweiter Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) bei.

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SZ vom 16.04.2021
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