Süddeutsche Zeitung

Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz:Gemeinsames Gedenken

Lesezeit: 2 min

In Fürstenfeldbruck und Gröbenzell erinnern am Freitag etwa 200 Menschen an die Opfer der Nationalsozialisten. Dabei wird aus bedrückenden Texten von Überlebenden gelesen.

Von Peter Bierl und Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck/Gröbenzell

Am 27. Januar wird alljährlich der Befreiung der Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee gedacht. So auch traditionell vor den Mahnmalen in Fürstenfeldbruck und Gröbenzell. In der Kreisstadt sind bei leichtem Schneefall etwas mehr hundert Menschen zum gemeinsamen Gedenken gekommen. Etwa die Hälfte von ihnen sind Polizeibeamte. Zu den Besucherinnen und Besuchern gehörten auch zahlreiche Politiker wie die stellvertretende Landrätin Martina Drechsler, Germerings Oberbürgermeister Andreas Haas und sein Olchinger Amtskollege Andreas Magg, sowie die Kandidaten für die Brucker OB-Wahl.

Zu der Veranstaltung am Todesmarsch-Mahnmal an der Kreuzung Dachauer-/Ecke Augsburger Straße hatte der Arbeitskreis Mahnmal des Historischen Vereins eingeladen. Dessen Mitglied Julia Zieglmeier eröffnete die Veranstaltung mit einer kurzen Einführung, in der sie daran erinnerte das der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog eingeführt worden ist. In diesem Jahr gilt der Schwerpunkt den Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung von den Nazis verfolgt worden sind.

Nach der Einführung lesen Studierende der Fachhochschule der Polizei Passagen aus Christopher Brownings Studie über die Beteiligung eines Reserve-Polizeibataillons an der Shoah in Polen, aus Max Mannheimers Tagebuch über die Konzentrationslager Theresienstadt, Auschwitz und Dachau sowie das Warschauer Ghetto, aus Peter Gardoschs Schilderung über seinen Leidensweg durch deutsche Konzentrationslager bis zur Befreiung durch amerikanische Soldaten sowie aus dem Porträt des SZ-Journalisten Ronen Steinke über Fritz Bauer, der als hessischer Generalstaatsanwalt zu den wenigen Juristen gehörte, die nach 1945 die Täter belangen wollten.

Eine ganz besondere Wirkung entfalteten dabei die Worte des im vergangenen November gestorbenen Gardosch'. Kurz vor Kriegsende war er mit anderen Gefangenen und desertierten Wachmännern aus dem KZ Dachau geflohen. Die Gruppe schaffte es bis zum Pfarrhaus in Puch. Dort durften sie sich einige Stunden ausruhen, bekamen Essen und Wasser, bevor sie wieder gehen mussten.

Die Geflüchteten hatten schnell verstanden, dass der Pfarrer "nicht den Mut hatte", sie zu verstecken. Dafür aber nutzte er die Gelegenheit, sich von ihnen eine Erklärung unterschreiben zu lassen, in der sie bestätigten, dass er sie freundlich und christlich empfangen habe. "Der Alte scheint Dreck am Stecken zu haben, sonst würde er das nicht brauchen", vermutete einer von Gadoschs Gefährten. Der Pfarrer riet der Gruppe zum Abschied, es im Kloster Fürstenfeld zu probieren. Letztlich gelang es ihnen, dort bis zur Kapitulation der Nazis zu überleben.

Begleitet wurde die Lesung vom Polizeiorchester Bayern. Zum Abschluss der Veranstaltung legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einer Schweigeminute Blumen und nach jüdischer Tradition Steine an dem Mahnmal nieder, das an den Todesmarsch jüdischer KZ-Häftlinge aus den Lagern bei Landsberg erinnert. Errichtet wurde es 1994 vom Künstler Hubertus von Pilgrim.

In Gröbenzell versammelten sich die etwa 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Nachmittag vor dem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Gebäude der Post, wo Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) einen Kranz niederlegte. Solène Feldhoffer und Benjamin Reiser, Schülersprecher des Gymnasiums, lasen aus dem autobiographischen Roman eines Überlebenden des KZ Auschwitz vor. Otto Dov Kulka hat in "Landschaften der Metropole des Todes" seinen Leidensweg verarbeitet. Die Deutschen deportierten den Neunjährigen und seine Mutter 1942 in das Ghetto Theresienstadt und von dort nach Auschwitz-Birkenau. Die Mutter wurde im Januar 1945 im KZ Stutthof ermordet. Kulka überlebte und wanderte 1949 nach Israel aus.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5740559
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.