Süddeutsche Zeitung

Germering:Mit 77 Windrädern zum Klimaziel

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Bürgerenergiegenossenschaft Sonnensegler rechnet vor, dass 2,5 Milliarden Euro an Investitionen nötig wären, um im Landkreis die 1,5-Grad-Grenze zu erreichen.

Von Erich C. Setzwein, Germering

Wenn der Energiebedarf im Landkreis Fürstenfeldbruck nur noch durch erneuerbare Energie gedeckt werden soll, wären 77 Windräder, sechs Geothermieanlagen sowie weitere 600 Hektar Photovoltaikfläche nötig. Dieses Paket, das dazu beitragen könnte, zumindest im Landkreis das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, würde 2,5 Milliarden Euro kosten. So rechnet es Falk-Wilhelm Schulz, Vorstand der Bürgerenergiegenossenschaft Sonnensegler aus Germering und früherer Chef der Stadtwerke Olching, vor. Die Genossenschaft selbst ist freilich zu klein, um das zu stemmen, sie will aber ihren Beitrag dazu leisten. "Es geht nur gemeinsam", ist die Kernbotschaft, die die Germeringer Sonnensegler aussenden möchten.

Was diese gemeinsamen Anstrengungen angeht, so scheint der Landkreis viel nachzuholen zu haben. Der Energiewendeverein Ziel 21, der einmal gegründet worden war, um zur Energieautarkie des Landkreises beizutragen, hat sein Ziel nicht erreicht und wird im kommenden Jahr aufgelöst. Das hat nichts mit seiner Bilanz zu tun, sondern mit dem Bemühen in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Starnberg und Landsberg am Lech, eine überregionale Energieagentur aufzubauen. Dies, aber auch die lange als Hürde für den Windkraftausbau geltende 10-H-Regel haben dazu geführt, dass das Interesse an erneuerbarer Energie im Landkreis eher gesunken ist, wie Energieberater in den vergangenen Jahren feststellten. Erst der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die folgende Gaskrise hat, wie unter anderem Ziel-21-Vorsitzender Gottfried Obermair berichtet, zu einem Umdenken geführt. Seither können sich die Berater des Energiewendevereins vor Anfragen kaum retten.

Beteiligung der Bürger

Hört man zum Beispiel dem Maisacher Bürgermeister Hans Seidl (CSU) aufmerksam zu, so bedarf es einer engeren Bindung der Menschen zu der Energieerzeugung vor deren Haustür. Seidl, in dessen Gemeinde bereits im Ortsteil Malching ein Windrad steht und zwei weitere in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Fürstenfeldbruck geplant werden, ist der Meinung, dass die Bürger Anteile an solchen Anlagen erwerben sollten. Je näher sie dran wohnen, desto mehr. Allein in Maisach sehen Experten Bedarf und Platz für sieben Windräder. Zwei Anlagen sollen in den kommenden Jahren im nördlich von Maisach gelegenen Ortsteil Prack entstehen. In Jesenwang ist ein Windrad geplant, an dem sich die Germeringer Sonnensegler zusammen mit der Bürgerenergiegenossenschaft Freising beteiligen.

Derweil geht der Ausbau der Freiflächenphotovoltaikanlagen in Maisach weiter. In Germerswang zum Beispiel sollen sich Bürger beteiligen können. Insgesamt gehen die Sonnensegler von einem Zubau von 600 Hektar PV-Anlagen aus und rechnen die privat errichteten PV-Anlagen auf Hausdächern noch gar nicht mit. In Germering realisierte die Genossenschaft mit 150 000 Euro PV-Anlagen auf den Dächern des Kindergartens Kleiner Muck und der Naturkostinsel. Weitere Gebäude sollen im kommenden Jahr ausgestattet werden. Inspiration für die Eigenheimbesitzer, es sich mit einer PV-Anlage doch noch zu überlegen, bieten darüber hinaus die Solarkataster, wie sie unter anderem die Stadt Fürstenfeldbruck oder die Komm-Energie für Eichenau, Puchheim und Gröbenzell anbieten.

Der Fliegerhorst als Geothermiestandort

Ein bislang schwieriges Thema im Landkreis scheint immer noch die Geothermie zu sein. In Puchheim stimmten vor vier Jahren die Bürger dagegen. Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) erklärte nach dem Entscheid, dass es auch nach Ablauf der einjährigen Bindungsfrist des Bürgerentscheids keine weiteren Bemühungen geben werde, ein Erdwärmeprojekt zu fördern. Laut Berechnung von Falk-Wilhelm Schulz, die er bei der Generalversammlung unlängst in Germering anstellte, wären sechs sogenannte Geothermie-Dubletten nötig, um den Mix der alternativen Energien im Landkreis zu komplettieren. Darunter zu verstehen sind geothermischen Anlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung. Ein möglicher Standort könnte auf dem ehemaligen Militärflugplatz Fürstenfeldbruck sein. Auch an einer solchen Anlage, davon geht Maisachs Bürgermeister Seidl aus, sollte es eine Bürgerbeteiligung geben.

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