Süddeutsche Zeitung

Eichenau:Bildungsstopp im Jubiläumsjahr

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Seit 50 Jahren gibt es die Volkshochschule in der Gemeinde, doch statt zwei Semestern mit fast 350 Kursen und Vorträgen wird es heuer nur ein deutlich abgespecktes Programm geben. Und gefeiert wird auch nicht

Von Erich C. Setzwein, Eichenau

Christian Brembeck hätte spielen sollen, der 250. Geburtstag von Beethoven wäre begangen worden und man hätte gleichzeitig 50 Jahre Volkshochschule Eichenau gefeiert. Doch sowohl das Konzert von Christian Brembeck am Hammerflügel und Viola Rebekka Brembeck-Adler an der Viola als auch die Ausstellung zum Jubiläum im Pfefferminzmuseum sind wegen der besonderen Umstände der vergangenen Monate ausgefallen. Ob das halbe Jahrhundert der Erwachsenenbildungseinrichtung überhaupt noch begangen werden kann, weiß Ursula Mosebach nicht. Die stellvertretende Vorsitzende des VHS-Vereins Eichenau sagt hingegen: "Ins nächste Jahr verschieben wir nichts."

In den vier Jahrzehnten, in denen Ursula Mosebach sich in und für die Volkshochschule engagiert, hat es etwas Ähnliches wie die Schließung wegen der Corona-Pandemie nicht gegeben. Die 69-Jährige kümmert sich derzeit in der Geschäftsstelle als ehrenamtliche Kraft zusammen mit ihrer Tochter Charlotte Mosebach, der Geschäftsführerin der VHS, um all das, was trotz des ausgefallenen Semesters zu tun ist. Unter anderem um die Planung für das nächste Semester. Dass wieder Kurse stattfinden werden, das hofft die Kunsthistorikerin sehr, und so werden manche für das erste Halbjahr geplanten Kurse und Veranstaltungen in das zweite verlegt.

Es ist aus den Worten von Ursula Mosebach herauszuhören, wie schwer es allen gefallen ist, von einem auf den anderen Tag alle Planungen einzustellen, hat man doch mit viel Herzblut das Jubiläumsprogramm zusammengestellt. Von nächster Woche an soll nun nach der dreimonatigen Schließung der Betrieb wieder langsam aufgenommen werden.

Um die 350 Kurse, Veranstaltungen und Vorträge, Exkursionen und ein Studium Generale bietet die Volkshochschule Eichenau mittlerweile jedes Jahr an. Es gibt zwei Semesterprogramme, die meisten Kurse finden im Haus 37 an der Eichenauer Hauptstraße statt. Beliebt sind aber auch die Ausflüge, zum Beispiel die jährlichen zur historischen bayerischen Landesausstellung.

Als die VHS am 11. Juni 1970 startete, waren es gerade mal 33 Vorträge und Kurse, die die Vorsitzende Margret Heck und ihr Stellvertreter Albert Bschlagengaul anbieten konnten. 1974 übernahm Oskar König den Vorsitz, allerdings nur für ein knappes Jahr, dann wurde seine Stellvertreterin Barbara Gropp die Erste Vorsitzende - und blieb es bis zum Jahr 2017. Gropp prägte das Programm der Erwachsenenbildung und verlegte den Schwerpunkt auf Kunst und Kultur. Auch sportliche Aktivitäten kamen hinzu, wie etwa das seinerzeit sehr beliebte Zumba, so dass man in den Sportvereinen schon stöhnte ob der neuen Konkurrenz. Die Zahl der Veranstaltungen wuchs, es wurden Kurse in den Sommerferien für Schüler angeboten. Zählt sie alles zusammen, so kommt Geschäftsführerin Charlotte Mosebach auf die enorme Zahl von 16 821 Veranstaltungen in 50 Jahren. Nach der "Ära Gropp" folgte als Vorsitzende Anette Banik, bevor Eichenaus Bürgermeister Peter Münster in diesem Jahr zum Vorsitzenden gewählt wurde.

Dass die Volkshochschule Eichenau im Zusammenhang mit denen in Mammendorf und Moorenweis genannt wird, hat seinen Ursprung in dem einstigen VHS-Kreisverband Fürstenfeldbruck. Dieser Verein bestand seit 1952. Im Jahr 1973 scherte zunächst die Außenstelle Fürstenfeldbruck aus, es folgten Germering, Puchheim und Gröbenzell. Übrig blieb unter anderem der Verbund von Eichenau und Mammendorf und Moorenweis.

1992 schlug ein Prozess hohe Wellen, die über die Grenzen von Ort und Zeit hinausschwappten. Bis heute gilt das "Eichenauer Urteil" des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1992. Es ging um die freiwilligen Leistungen, die der Landkreis Fürstenfeldbruck bezahlte. Da der Kreis aber nicht über eigene Einnahmen verfügt, sondern sich die Mittel über die Kreisumlage bei den Gemeinden und Städten besorgt und für Aufgaben verwendet, für die nicht er, sondern die Gemeinden zuständig sind, klagte die Gemeinde gegen den Kreis. Dadurch werde im Ergebnis das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden ausgehöhlt, hieß es im Urteil. Für die Volkshochschulen bedeutete dies, dass sie nicht weiter durch den Kreis bezuschusst wurden, sondern die Erwachsenenbildung von der jeweiligen Kommune finanziert werden muss. Als Folge blieben von dem einstigen Kreisverband die Volkshochschulen Eichenau, Moorenweis und Mammendorf übrig. Alle drei sind kleinere Einheiten und benötigen sich gegenseitig.

Das erste Programm nach dem Corona-Lockdown wird sich laut Ursula Mosebach aus dem bestehenden speisen, allerdings dürfen die Kurse nur höchstens neun Teilnehmer besuchen. Sonst sind es maximal 18 Teilnehmer. Im großen Raum von Haus 37 werden es also neun Hörer sein, in den beiden kleinere maximal sechs, und dann gibt es noch zwei Zimmer für jeweils vier Kursteilnehmer. Führungen, so Mosebach, seien wegen der verbotenen Gruppenbildung nicht in Aussicht. Keinen Grund zum Jubeln im Jubiläumsjahr deshalb auch beim Etat. Normalerweise kommen 60 Prozent aus Teilnehmergebühren, den Rest übernimmt - siehe Eichenauer Urteil - die Gemeinde.

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SZ vom 10.06.2020
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