Süddeutsche Zeitung

Bürgerentscheid:Natur geht vor

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Die Mittelstettener sprechen sich bei ihrem Bürgerentscheid klar gegen ein neues Gewerbegebiet am Ortsrand aus

Von Manfred Amann, Mittelstetten

Im Süden von Mittelstetten an der Dorfstraße nach Längenmoos soll kein Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Beim Bürgerentscheid haben sich 597 Wahlberechtigte gegen die Planung der Gemeinde ausgesprochen, auf beiden Seiten der Straße gleich nach der Abzweigung aus der Hauptstraße jeweils 14 000 Quadratmeter Wiese in Gewerbegrund umzuwandeln. Damit wurde das erforderliche Quorum von 20 Prozent (273 Stimmen) deutlich erreicht. Für das Gemeindeprojekt haben 364 Bürger gestimmt. Eine Stimme war ungültig. Somit haben gut 60 Prozent der Bürger das Vorhaben abgelehnt und sich etwa 40 Prozent dafür ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung war mit 962 abgegebenen Stimmen selten hoch und zeigt laut Werner Fischer von der Bürgerinitiative "Erhalt unseres Lebensraumes und unserer Heimat Mittelstetten" (BI), dass sich die Bürger "um ihre Heimat sehr wohl Gedanken machen und gefragt werden wollen". Die meisten Nein-Stimmen wurden mit 355 im Hauptort Mittelstetten abgegeben. 193 Bürger machten hingegen bei der Frage, "Soll in der Gemeinde Mittelstetten ein Gewerbegebiet außerhalb des derzeitigen Bebauungsgebiets ausgewiesen werden und soll die Gemeinde zu diesem Zweck eine Fläche hierfür erwerben?" das Kreuzchen bei "Ja".

"Kein Wunder, dass hier die meisten Gegner sind", befand dazu Wahlleiter Heinz Nebel, denn die Menschen im Hauptort wären auch von der Ausweisung eines Gewerbegebietes am meisten betroffen. Etwas ausgewogener war das Ergebnis im Wahlbezirk Tegernbach und bei der Briefwahl, bei denen insgesamt 242 Nein-Stimmen und 171 Ja-Stimmen ausgezählt wurden. Vor der Bekanntgabe des Ergebnisses im Rathaus hatte sich Bürgermeister Andreas Spörl (CSU) noch zuversichtlich gegeben. Das gute Wahlwetter werde hoffentlich nicht nur Gegner, sondern auch Befürworter zur Urne locken, sagte er, musste später dann aber seine Niederlage und die seiner CSU-Mannschaft eingestehen.

Freude und Jubel machte sich bei den Mitgliedern der BI schon breit, nachdem der Bezirk Mittelstetten ausgezählt war. Das gute Ergebnis hier gegen das Gewerbegebiet könne durch das Tegernbacher und durch das der Briefwahl kaum noch gekippt werden, befand Heinz Nebel und sollte Recht behalten. Als das Endergebnis vorlag, fielen sich Jörg Kühne und Fischer in die Arme und die Gratulanten standen Schlange. Für die Gemeinde ist das Ergebnis zumindest für ein Jahr bindend. Bürgermeister Spörl versteht das Ergebnis als "demokratische Entscheidung, über die man nicht hinwegsehen kann". Man werde im Gemeinderat beraten und dabei die Vorschläge der BI zu alternativen Gewerbeflächen überprüfen. "Es muss wieder Ruhe einkehren", hofft der Bürgermeister, der nicht ausschließen will, dass mancher Gegner mit Nein gestimmt habe, weil die Gemeinde in jüngster Zeit ohnehin viel Geld in die Ortsentwicklung gesteckt habe.

Für die BI war das eindeutige Nein ein großer Erfolg. "Ich hatte eher einen knappen Sieg erwartet", sagte Fischer, dass er so hoch ausgefallen sei, zeige nicht nur, dass die Bürger kein Gewerbegebiet in der freien Landschaft wollen, sondern spiegele auch eine gewisse Unzufriedenheit mit der von der CSU dominierten Gemeindepolitik wider. "Wir sind froh, den Weg beschritten, die Bürger aufgeklärt und ein Stück Demokratie nach Mittelstetten zurückgeholt zu haben."

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Quelle:
SZ vom 23.07.2018
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