Süddeutsche Zeitung

Zirkus in Freising:Ein Kampf mit Tierschutz und Einnahmen

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Zirkusdirektor Hermann Schmidt-Feraro ist mit seiner Truppe wieder in der Stadt. Einfach ist das Leben der Artisten nicht. Die Kosten steigen, die Einnahmen sinken und die Kritik der Tierschützer wird immer lauter.

Von Nadja Tausche, Freising

"Der Zirkus darf nicht aussterben", sagt Zirkusdirektor Hermann Schmidt-Feraro. Warum nicht? Weil es Tradition sei. Die Aufgabe des Zirkus sei es, die Zuschauer und vor allem die Kinder unter ihnen glücklich zu machen, meint der Chef des Zirkus Feraro. Früher habe es geheißen, Kinder weg von der Glotze - heute gelte das Gleiche für Handys.

Seit rund 200 Jahren gibt es den Zirkus Feraro. Gegründet hat ihn der Großvater von Schmidt-Feraro: Der sei damals auf der ganzen Welt unterwegs gewesen, erzählt er. Heute gehören zum Zirkus fünf Familien mit insgesamt 26 Personen. Sie turnen am Stehtrapez, führen Bänderakrobatik vor, es gibt einen Clown und einen Messerwerfer. Zwischen März und November reisen sie durch Bayern, sind ab und zu auch in Österreich und der Schweiz zu Gast. Die restliche Zeit verbringe man im Winterquartier, sagt der Direktor: Zuletzt habe man das in Marzling aufgeschlagen. Am Wochenende tritt der Zirkus auf dem Festplatz in Freising auf.

Ob Zirkus noch zeitgemäß ist? Für Feraro wird es zumindest schwieriger, mit den Einnahmen die Ausgaben zu decken. Die Kosten für Platzmiete, Wasser- und Stromanschluss seien hoch und stiegen an, berichtet Schmidt-Feraro. Von den Einnahmen zahlen sie erst einmal die Kosten, der Rest wird als Gage unter den Zirkusmitarbeitern aufgeteilt. Was der Zirkus tatsächlich einnimmt, variiert: Mal trete man vor 20 Leuten auf, mal vor 100. "Dass wir Leute nach Hause schicken müssen, die Zeiten sind vorbei", sagt der Direktor.

Tierschutz: "Artgerechte Haltung ist im Zirkus nicht möglich"

Dann ist da noch das Problem mit dem Tierschutz. Der Tierschutzverein Freising könne bei Zirkustieren nicht viel machen, heißt es von dort, zuständig sei das Veterinäramt. Der Deutsche Tierschutzbund vertritt die Ansicht: "Artgerechte Haltung ist im Zirkus nicht möglich", so sagt es Pressesprecherin Lea Schmitz. Besonders schlimm seien Wildtiere wie Tiger oder Elefanten, denn Elefanten entwickelten im kleinen Käfig Verhaltensstörungen und zur Dressur müsse man ihren Willen brechen. Aber auch bei anderen Tieren sei ein Auftritt im Zirkus "mit dem heutigen Tierschutzdenken nicht mehr vereinbar." Die Dressur sei oft tierschutzwidrig, das ständige Herumreisen bedeute für die Tiere Stress. Der Tierschutzbund versuche, die Menschen für das Thema zu sensibilisieren, sagt Schmitz.

Dass Tierschutz heute präsenter ist als früher merkt man beim Zirkus Feraro deutlich. "Immer mehr Kommunen wollen keine Zirkusse mit Tieren", so Schmidt-Feraro. Außerdem erhalte er Anrufe von Tierschützern, ihm seien schon die Reifen zerstochen worden und vor drei Jahren haben Unbekannte seine Pferde aus den Boxen freigelassen, wie er erzählt - die hätten aber nur auf der Wiese nebenan gegrast. Der Zirkus Feraro hält neben den Pferden auch Ziegen, Lamas, Tauben und Schlangen. Großwildtiere sind nicht dabei. Schmidt-Feraro sagt, dass sie die Tiere nicht mit Gewalt dressieren würden, stattdessen arbeite man mit Belohnung: "Mit Schlägen werden Tiere nur gestört." Wie man Tauben dressiert? "Mit Anis", sagt er, das sei für Tauben wie für Pferde ein Stück Zucker. Für ihn ist klar: "Ein Zirkus ohne Tiere ist kein Zirkus."

Zirkus Ferero will "Menschen, Tiere, Sensationen" beibehalten

Welche Rolle der Zirkus in der Gesellschaft spielt, hat sich im Laufe der Zeit geändert. Wenn der Zirkus früher in den Ort kam, seien die Menschen zur Begrüßung zu den Wagen gelaufen, erzählt der Direktor. Heute ärgere er sich darüber, dass die Zahl der Plakate, die sie aufhängen dürfen, auf ein Minimum reduziert sei.

Trotz all der Veränderungen erleben sie auch Positives beim Zirkus Feraro, auch heute noch. Wenn man die Menschen jedes Jahr wiedersehe, wenn man die Plätze wieder bekomme: "Da freut man sich", sagt Schmidt-Feraro. Seine Kinder seien begeistert, wollen den Zirkus irgendwann übernehmen. Man werde weitermachen wie bisher, wolle die "Menschen, Tiere, Sensationen" beibehalten, so der Direktor. Das Motto in diesem Jahr: "The Show must go on"

Die Aufführungen finden am Freitag, 29. März, um 18 Uhr und Samstag bis Montag jeweils um 15 Uhr in der Luitpoldanlage in Freising statt. Karten und Infos zu den Eintrittspreisen gibt es unter circus-feraro.de oder 0160/6500175.

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Quelle:
SZ vom 29.03.2019
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