Süddeutsche Zeitung

Haushalt für Freising:Zerbrechliches Zahlenwerk

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Die Ziffern für das Jahr 2021 stehen. Unsicher ist aber, ob die Rechtsaufsicht wegen der zu erwartenden hohen Verschuldung in den kommenden Jahren dem Entwurf der Stadt zustimmt.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Zahlen für den Haushalt der Stadt Freising für 2021 stehen, doch ob sie Bestand haben werden, ist offen. Denn das Zahlenwerk muss nun der Rechtsaufsicht im Landratsamt vorgelegt werden und deren Zustimmung ist wohl alles andere als gewiss. Zumindest CSU-Stadtrat Rudi Schwaiger äußerte am Montag im Finanzausschuss die Überzeugung, dass der Entwurf so "definitiv nicht genehmigungsfähig ist". Man habe nicht darlegen können, dass man tatsächlich Einsparungen im erforderlichen Umfang umsetze.

Zuvor hatte Kämmerer Matthias Nogly den Mitgliedern des Ausschusses noch einmal die im Oktober erarbeiteten Eckdaten des Etats vorgelegt. Geprägt ist dieser von massiven Einnahmeausfällen, die der Corona-Pandemie geschuldet sind - während zahlreiche bereits begonnene, teure Großprojekte fortgesetzt werden müssen: Niemand kann ernsthaft in Erwägung ziehen, den Bau der Westtangente, die Sanierungsmaßnahmen in der Innenstadt oder den ebenfalls laufenden Bau der Schulen im Steinpark zu stoppen. Das Ergebnis aber ist eine "beispielhaft vertrackte, nicht selber verschuldete Gesamtlage", wie es SPD-Stadtrat Peter Warlimont nannte.

Bis 2024 wird die Stadt insgesamt knapp 242 Millionen Euro an Krediten aufnehmen müssen

Der Freisinger Haushalt für 2021 ist im Verwaltungshaushalt knapp 129 Millionen Euro schwer, an die 133,8 Millionen sind es im Vermögenshaushalt. Zum Vergleich: 2020 waren es - Nachtragshaushalt einbezogen - 132 beziehungsweise 138 Millionen Euro. Weil der neue Verwaltungshaushalt in sich nicht ausgeglichen werden kann, müssen hier knapp 9,5 Millionen Euro aus dem Vermögenshaushalt überführt werden. Der Vermögenshaushalt wiederum bedarf für seinen Ausgleich einer Entnahme aus den allgemeinen Rücklagen der Stadt in Höhe von 32 Millionen Euro.

Die entsprechenden Konten sind damit abgeräumt, zusätzlich aber ist 2021 eine Kreditaufnahme von fast 39 Millionen Euro erforderlich, um den enormen Verpflichtungen der Stadt im Bereich der Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen nachkommen zu können. Für die Eigenbetriebe Stadtwerke und Stadtentwässerung kommt ein weiterer Kredit von mehr als zehn Millionen Euro dazu. Bis 2024 werden insgesamt knapp 242 Millionen Euro aufgenommen werden müssen. Der Schuldenstand wird sich zum Ende des kommenden Jahres auf etwa 64 Millionen Euro belaufen, Ende 2024 wird man laut Finanzplan schon von einem Schuldenberg von etwa 262 Millionen Euro sprechen müssen.

Das größte Problem, vor dem die Finanzexperten der Stadtverwaltung derzeit stehen, ist der enorme Einbruch bei den Gewerbesteuereinnahmen durch die Corona-Krise. Den Ansatz für das laufende Jahr 2020 hat Kämmerer Nogly bereits von 37 Millionen auf 22,8 Millionen Euro reduzieren müssen, für 2021 plant die Stadt nun mit 32,9 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer und 35,7 Millionen Einkommenssteueranteil, doch ob und wie diese Vorhersagen eintreffen, wird zu einem guten Teil vom Fortgang der Pandemie abhängen.

Die Krise hat der Stadt einen enormen Einbruch bei den Gewerbesteuer beschert

Umgekehrt wird allein der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen im Vermögenshaushalt auf immer noch gut 81,5 Millionen Euro festgesetzt, das ist die Summe, die in der Finanzplanung für die kommenden Jahre für die verschiedenen Projekte unausweichlich gebunden ist. Auch an den Ausgaben im Verwaltungshaushalt ist nur schwer etwas einzusparen, wie schon die Vorberatungen gezeigt haben. So verschlingt allein die Kreisumlage im kommenden Jahr mehr als 36,4 Millionen Euro, dass der Kreis diese Forderung nach unten korrigiert, ist kaum zu erwarten. Noch teurer aber kommen die Stadt 2021 mit knapp 39,3 Millionen Euro ihre Personalausgaben zu stehen.

Wo in diesem Bereich angesichts der ständig wachsenden Aufgaben der Stadt Freising Einsparungen möglich wären, vermochte in der kurzen Debatte im Finanzausschuss niemand konkret zu sagen. Zwar regte Richard Grimm (FW) an, genau zu prüfen, "ob wirklich in allen Abteilungen alle Mitarbeiter ausgelastet sind" und gegebenenfalls Stellen zu verschieben, statt neue zu schaffen, Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher sah hier jedoch wenig Potenzial: "Ich würde nicht sagen, dass wir Abteilungen haben, die nichts mit sich anzufangen wissen, sagte er, während Guido Hoyer (Linke) sich strikt gegen Diskussionen über Personalkosten verwahrte: "Wer hart arbeitet, hat auch seine Tariferhöhungen verdient", stellte er klar.

Für Grimm, Susanne Günther (Grüne) und die meisten anderen Stadträte sind allerdings auch die von der Verwaltung empfohlenen Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen, die in schöner Regelmäßigkeit auch von der Rechtsaufsicht angeregt werden, keine Option - schon weil sie bezogen auf die Gesamtsumme kaum etwas bringen, wie Grimm vorrechnete: Die freiwilligen Leistungen würden sich lediglich auf 2,8 Millionen Euro summieren, das seien 2,2 Prozent des Gesamthaushalts, so Grimm: "Wir müssen schon da sparen, wo es auch etwas bringt."

Dass man das ursprüngliche Sparziel von neun bis zwölf Millionen Euro verfehlt habe, räumte auch Monika Schwind (FSM) ein: "Das wäre aber auch sportlich gewesen. Ich bin gespannt, was die Rechtsaufsicht nun dazu sagt."

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Quelle:
SZ vom 11.11.2020
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