Süddeutsche Zeitung

Rathausumbau:Neuer Name, neue Rechnung

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Weil eine Fassaden-Firma während des Bieterverfahrens übernommen wird, muss die Gemeinde Eching mehr zahlen.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Fassadenarbeiten am Echinger Rathaus werden statt der erwarteten 1,3 Millionen Euro nun gut 1,6 Millionen Euro kosten. Dabei hatte der Gemeinderat den Auftrag schon für 1,4 Millionen Euro vergeben - allerdings an eine Firma, die zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr existierte. Faktisch gibt es die Firma durchaus, auch heute noch - nur hat sie während des Verfahrens den Namen gewechselt, was der Gemeinde jetzt 200 000 Euro Mehrkosten beschert. "Es ist verrückt, was so alles passiert", sagte Bürgermeister Sebastian Thaler kopfschüttelnd.

Die Firma "Hackenbuchner Fassadenbau" aus Dietersburg nahe Passau hatte sich formvollendet um den Auftrag beworben und als deutlich günstigster Bieter auch den Zuschlag bekommen. Im Rathaus war der Betrieb bestens bekannt, hatte er doch bereits am Bau des Kinderhauses "Wunderland" an der Hauptstraße mitgewirkt, offenbar zur allseitigen Zufriedenheit.

Rechtlich existiert die Firma nicht mehr

Auch die nötigen Nachweise der Firma für das Bewerbungsverfahren scheinen alle stichhaltig gewesen sein - bis auf das winzige Detail, dass es das Unternehmen in dieser Form nicht mehr gibt. Nach der Abgabe des Angebots für Eching ist die "Hackenbuchner Fassadenbau GmbH & Co. KG" von der "Hackenbuchner GmbH & Co. KG" übernommen worden und handelsrechtlich mit der Übernahmefirma verschmolzen, so dass die "Hackenbuchner Fassadenbau" rechtlich nicht mehr existiert.

Die Firma hat den Zuschlag für den Bauauftrag am Rathaus freudig angenommen und sogar noch unter der alten Email-Adresse der "Hackenbuchner Fassadenbau" quittiert. Die Konkurrenz aber schläft nicht und so hat der zweitplatzierte Bieter einen formalen Einspruch vorgebracht, eine sogenannte Verfahrensrüge mit dem Hinweis auf die Nichtexistenz des siegreichen Konkurrenten.

Die Gemeinde hat diesen mindestens ungewöhnlichen Einwand von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen, die zu dem knappen Resultat kam: "Diese Begründung ist korrekt." Wie hätten sich die Gemeinde oder ihre beauftragten Büros dagegen absichern können? Den Betrieb, mit dem man im Tisch sitzt, fragen, ob es ihn auch gibt? Das Vorgehen sei schon "sehr nachlässig von der Firma", rügte der Bürgermeister.

Die Optionen: 200 000 Euro zahlen oder Monate warten

Die Gemeinde hatte nun die Alternative, den um 200 000 Euro teuren Bieter zu beauftragen oder das kuriose Verfahren aufzuheben und neu auszuschreiben. Das hätte allerdings eine Zeitverzögerung um mindestens drei Monate bedingt, was den Takt der Baustelle massiv beeinträchtigen hätte können. Zudem hätte eine neue Ausschreibung keine Gewähr auf ein günstigeres Ergebnis gebracht - umso mehr, als nun die Angebotssummen publik waren.

Oliver Schlenker empfahl im Bauausschuss des Gemeinderats ein mentales Schulterzucken. Rechtlich sei das 1,4-Millionen-Angebot einfach nicht existent, sagte er, damit seien eben die 1,6 Millionen das Günstigste: "Blöd gelaufen". Das Risiko einer Bauzeitenverzögerung wollte das Gremium jedenfalls einmütig nicht eingehen. Gegen die Stimme von Sylvia Jung wurde mit 11:1 entschieden, den seinerzeit zweitgünstigen Betrieb zu beauftragen, dessen entscheidender Vorteil ist, dass er real existiert.

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