Süddeutsche Zeitung

Soziales Projekt "My Way":Zukunftsperspektiven entwickeln

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Wegen Corona ist das Projekt "My Way", bei dem Sozialarbeiter mit einer mobilen Suppenküche Kontakte zu schwer erreichbaren Jugendlichen knüpfen, vorzeitig beendet worden. Jugendamt und Kreisräte hoffen auf eine Fortsetzung.

Von Peter Becker, Freising

Corona hat dem gemeinsamen Projekt "My Way" der Freisinger Caritas, des Jugendamts des Landkreises und des Jobcenters ein vorzeitiges Ende bereitet. Es diente seit 2018 dazu, schwer erreichbare Jugendliche in Freising aufzuspüren und wieder in die Gesellschaft zurückzuführen. Sozialarbeiter fuhren dabei an bestimmten Standorten mit einer Ape vorbei, die mit einer mobilen Suppenküche ausgestattet ist. Über das Angebot einer warmen Mahlzeit wollten sie in zwanglosen Kontakt mit den Jugendlichen kommen. Andrea Lachner, Caritas-Fachdienstleiterin im Bereich Beschäftigung, Integration, Qualifizierung, gab im Jugendhilfeausschuss des Kreistags einen Überblick über die zweijährige Arbeit von "My Way".

Beate Frommhold-Buhl (SPD) gestand, dass sie eine starke Anhängerin des Projekts sei. "Es ist wunderbar gelungen." Martin Hellerbrand (CSU) bezeichnete es als "nachahmenswert". Wie es mit "My Way" weitergeht, ist derzeit noch offen. Es sei auf zwei Jahre angelegt gewesen, mit der Option, das Projekt weiterzuführen, sagte Lachner auf Nachfrage. Landrat Helmut Petz (FW) meinte, es wäre schade, wenn das Projekt abgebrochen werde. Jugendamtsleiterin Arabella Gittler-Reichel sagte, man müsse vielleicht etwas nachbessern, sie sei aber optimistisch, was eine Fortsetzung anbelangt. Lachner sagte, das käme vor allem auf die Jugendlichen drauf an. Wegen der Problematik, Jugendliche unterbringen zu müssen, seien den Sozialarbeitern jedoch die Hände gebunden. Es fehle an Notschlafplätzen für die Betroffenen.

Landrat Helmut Petz meint, es wäre schade, wenn das Projekt abgebrochen würde

Patrick Schlott, der Koch des Buchcafés Etappe, bereitete die Suppe für "My Way" zu. Es gab sogar eine spezielle Küche, welche die Jugendlichen zum gemeinsamen Kochen hätten nutzen können. Doch Corona bereitete diesem Unterfangen wegen der Kontaktbeschränkungen ein Ende. Im Büro von "My Way" an der Vimystraße gab es eine Couch, auf der sich die Jugendlichen ausruhen konnten. Wer wollte, durfte im Badezimmer von Etappe duschen oder seine Wäsche waschen.

Insgesamt waren so über die beiden Jahre gesehen 460 Kontakte zu Personen zwischen zwölf und 29 Jahren aufgebaut worden. Lachner schilderte die Schicksale von drei jungen Menschen. So kümmerten sich Mitarbeiter von "My Way" um einen 18-Jährigen, der in allen Bereichen seines Lebens sozialpädagogische Unterstützung brauchte. Etwa vier Monate lang nutzte er den Notschlafplatz in der Etappe. Sein größter Wunsch war es, KFZ-Mechaniker zu werden. Er trat eine Praktikumsstelle an und wäre sogar als Lehrling übernommen worden. Dies scheiterte letztlich daran, dass er keine Übernachtungsmöglichkeit mehr hatte.

Über die beiden Jahre gesehen hat man 460 Kontakte zu Personen zwischen zwölf und 29 Jahren aufgebaut

Ein weiterer Klient war ebenfalls obdachlos. "My Way" vermittelte ihm eine Unterkunft beim katholischen Männerfürsorgeverein. Er hätte sogar als Küchenhelfer in der Etappe arbeiten können. Weil er sich aber schwer an Regeln halten kann, verlor der junge Mann seine Unterkunft. Zu beiden Personen hat "My Way" den Kontakt verloren. Ein weiterer 18-Jähriger hatte wegen der ständig eskalierenden Situationen in seinem Elternhaus das Bestreben, von dort auszuziehen. Er suchte im vergangenen Februar Hilfe bei "My Way". Durch intensive Gespräche mit ihm und seinen Eltern gelang es, eine Abmachung zu treffen, die beide Parteien zufrieden stellt. "My Way" vermittelte ihm sogar einen Ausbildungsplatz.

Die meisten jungen Leute suchten laut Lachners Bericht, jemanden, der sie auf der Suche nach einem Arbeitsplatz unterstützt und sie bei Behördengängen begleitet. Manche waren auf Wohnungssuche oder die Vermittlung zur Schuldnerberatung. Vor allen Dingen fehlte ihnen jemand, der sie dazu aufmunterte, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln.

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Quelle:
SZ vom 16.02.2021
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