Süddeutsche Zeitung

CSU-Großkundgebung in Moosburg:Landesvater und Entertainer

Lesezeit: 3 min

Ministerpräsident Markus Söder gibt sich bei seinem Auftritt im Moosburger Festzelt betont locker. Seine politischen Botschaften bettet er in einen Reigen von Gags und Kalauern ein - und verlässt traditionell im weißen Bademantel die Bühne.

Von Alexander Kappen, Moosburg

Der erste Auftritt gehörte den Startbahngegnern des Aktionsbündnisses Aufgemuckt. Klar, diese standen am Montagabend ja auch schon eine Stunde vor Ankunft des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) vor dem Festzelt am Moosburger Viehmarktplatz. Und auch als dieser dann mit ein paar Minuten Verspätung um kurz nach 19 Uhr aus dem Auto stieg, gaben die Demonstranten zunächst den Ton an: Noch bevor die vorm Zelteingang postierte Blaskapelle ihr erstes Stück anstimmen konnte, war - mit einem kleinen Tick Vorsprung - die Trillerpfeife eines Demonstranten zu hören.

Großes Konfliktpotenzial barg das freilich nicht. Der Ministerpräsident ging - wie zuvor schon der Freisinger CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer und der CSU-Kreisvorsitzende und Staatskanzleichef Florian Herrmann - zu den Demonstranten hinüber und blieb dort für ein Pläuschchen mit Aufgemuckt-Sprecher Christian Magerl kurz stehen.

Der hatte geschätzt an die 40 Mitstreiterinnen und Mitstreiter um sich versammelt, um der bekannten Forderung nach einer endgültigen Beerdigung der dritten Startbahn am Flughafen München Nachdruck zu verleihen. Dann war jedoch Schluss mit Vorprogramm. Der Rest des Abends war: Söder-Time.

Der Ministerpräsident, in einen hellen Trachtenjanker, weißes Hemd und legere Jeans gewandet, gab sich in Moosburg betont locker. Er gefiel sich augenscheinlich in der Rolle des Entertainers. Seine politischen Botschaften verpackte er in einen Reigen von Anekdoten, Gags und Kalauern. Einen Ellbogen aufs Rednerpult gestützt, mit dem anderen Arm wild gestikulierend. Dann kurzer Hüftschwung, anderen Ellbogen aufs Pult, dann wieder retour. Und das teilweise im Sekundentakt.

Zwischendrin kurzes Innehalten, Blick ins Publikum und sich versichern, ob die letzte Pointe auch angekommen ist. Mal gab Söder den jovialen Landesvater ("wenn man die ganze Woche mit Politikern zusammen ist, dann ist es schön, wie heute unter vernünftigen Leuten zu sein"), mal den Kabarettisten. Die Grenzen an diesem Abend waren fließend.

Bei der großen Mehrheit im Zelt - es handelte sich schließlich um eine "Großkundgebung" des CSU-Kreisverbands - kam Söder mit seiner Linie gut an. "Bravo"-Rufe hier. Großer Applaus dort. Und zwischendrin skandierte das Auditorium - als Florian Herrmann vom Chef als "einer der stärksten Politiker im Kabinett" geadelt wurde und eine Jobgarantie für die nächste bayerische Regierung nach der Wahl im Oktober bekam - wie in einem Fußballstadion: "Hey, hey, hey, hey . . ."

Söder und Herrmann - die "Best Buddies" aus der Staatskanzlei - spielten sich, neben mancher Frotzelei, routiniert die Bälle zu. Der Eine lobte den Ministerpräsidenten dafür, die "Ideen für Bayern" zu haben und das Land in den vergangenen fünf Jahren "gut beschützt" zu haben. Der Andere bezeichnete seinen Staatskanzleichef als "für mich unverzichtbar" und erhob ihn in den Rang des aus der Jugend-Zeitschrift Bravo bekannten "Dr. Sommer, der während Corona den Leuten immer alles erklärt hat".

Abgrenzung nach links und rechts

Söder wie Herrmann grenzten sich und ihre Partei einhellig von der Ampel-Koalition im Bund auf der einen und der AfD auf der anderen Seite ab. Man wolle "nicht den Zeigefinger heben wie Grüne und Sozis" und eine Ideologie der Verbote umsetzen, aber auch "nicht den Mittelfinger zeigen wie die AfD" und nicht Hass und Wut schüren, sagte Herrmann. Der Ministerpräsident bezeichnete die AfD als "die treuesten Vasallen Putins" kritisierte sie für die Forderung nach dem Austritt aus EU und Nato sowie für Aussagen wie: "Wenn wir die Wahl gewinnen, stellen wir die alle vor Gericht." Aber auch "Schwarz-Grün wird es mit mir in Bayern nicht geben, das passt nicht zusammen", beteuerte Söder.

Und sonst? Der Ministerpräsident wetterte gegen Klimakleber und Heizungsgesetz ("wir in Bayern heizen weiter mit Holz"), geißelte den Länderfinanzausgleich ("bayerisches Geld ist besser in Moosburg aufgehoben als in Berlin oder Bremen"), sprach sich "gegen unkontrollierte Zuwanderung", aus, "weil man mit der Integration nicht mehr hinterher kommt", arbeitete sich an weiteren bundesweiten Konflikthemen wie Gesundheit, Erbschaftssteuer, Gastronomie, Handwerk, Mittelstand und Landwirtschaft ab, ohne zu vergessen, die heimische Landbevölkerung anerkennend hervorzuheben: "In jedem kleinen bayerischen Dorf herrscht mehr Verstand als in manchem Berliner Schickimicki-Viertel."

Von Herrmann gab es zum Schluss in Anlehnung an Udo Jürgens wie schon beim Söder-Besuch 2018 den "traditionellen Moosburger Bademantel", denn, so der Staatskanzleichef: "Beim ersten Mal ist es Innovation, beim zweiten Mal Tradition." Der Rest: Bayernhymne, Deutschlandlied - und davor von Söder noch ein "Gott schütze Moosburg, Gott schütze Bayern". Man beachte die Reihenfolge.

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