Süddeutsche Zeitung

Fußballvereine im Landkreis Freising:Zwischen Erleichterung und Zweifel

Lesezeit: 3 min

Der Bayerische Fußball-Verband hat beschlossen, die Saison nicht abzubrechen, sondern im September fortzusetzen. Die Vereine im Landkreis glauben aber nicht so recht daran, dass dann wirklich gespielt werden kann.

Von Johann Kirchberger

Vergangene Woche wurde abgestimmt. Und so, wie es 68 Prozent der bayerische Fußballvereine wollten, hat es die Verbandsspitze am Mittwochabend beschlossen. Die Saison 2019/20 wird demnach nicht abgebrochen, sondern im September fortgesetzt. Die Saison 2020/21 soll dann erst im nächsten Frühjahr starten, stark verkürzt und mit weniger Mannschaften pro Liga. Die Vereine im Landkreis nahmen die Entscheidung des BFV am Donnerstag zwar mit einigem Wohlgefallen zur Kenntnis, zeigten sich aber skeptisch, ob die unterbrochene Saison tatsächlich im Herbst weitergespielt werden kann.

Da sei noch viel Unsicherheit im Spiel, hieß es übereinstimmend, schließlich wisse man nicht, wie sich die Situation rund um die Corona-Pandemie entwickle. "Wir haben auch dafür gestimmt, bis 1. September zu pausieren", sagt der Abteilungsleiter des VfB Hallbergmoos, Martin Gilch. Gleichwohl traue er dem Frieden nicht so recht, dass die Zeit reicht, um die Saison bis zum Winter fertig zu spielen. "Was ist, wenn sich einer infiziert?", fragt er, "müssen wir dann die ganze Mannschaft zurückziehen?" Man könne ja auch nicht sofort im September starten, sondern es brauche eine gewisse Vorbereitungszeit und man müsse daran denken, dass in der Landesliga Mannschaften aus dem Oberland dabei sind, "die haben im November vielleicht schon Schnee". Für wahrscheinlicher hält es Gilch deshalb, dass die Saison erst von März 2021 weitergeführt wird. Auf- und Absteiger, meint Gilch, müssten auf alle Fälle sportlich ermittelt werden. Im Jugendbereich, glaubt der VfB-Abteilungsleiter, werde es heuer wohl gar keine Spiele mehr geben.

Bei einem Rückfall im Herbst gäbe es die gleichen Probleme

Das sei alles sehr schwierig, sagt auch Walter Zellner, der Vorsitzende des SE Freising, der ebenfalls für eine Fortsetzung der laufenden Saison gestimmt hat. Gleichwohl hält er es für unrealistisch, dass im September gespielt und die Saison heuer beendet werden könne. Wenn es im Oktober oder November zu einem Corona-Rückfall komme, was zu befürchten sei, "dann haben wir die gleichen Probleme". Und wann solle dann die Saison 20/21 gestartet werden?, fragt er. Trotzdem hätte er es für falsch gehalten, sich schon jetzt darauf festzulegen, erst im März die laufende Saison weiterzuspielen. "Wir hätten dann von November 2019 bis Mai 2021 ganze fünf Heimspiele gehabt beziehungsweise auszutragen", da fehlten nicht nur die Zuschauereinnahmen, da würden womöglich die Sponsoren nicht mitspielen. "Und was ist, wenn sich einer infiziert?", fragt Zellner, "müssen wir dann alle in Quarantäne?" Da bekämen die Spieler mit ihren Arbeitgebern große Probleme, "bei uns spielen ja Amateure und keine Profis".

Es sei eine politische Entscheidung, wann die Mannschaften wieder auf den Platz dürften, sagt Gerhard Gintner, der Sportliche Leiter der SpVgg Kammerberg. Wenn es am 1. September weitergehen soll, dann müsste Anfang August Trainingsstart sein, "aber das liegt nicht in unserer Hand". Für den Fall, dass es heuer keine Relegationsspiele geben sollte, wäre es zwar rein sportlich gesehen "für uns blöd gelaufen, aber was soll's", meint er achselzuckend. "Jammern zählt nicht", sagt er, "wir müssen es nehmen, wie's kommt, es bleibt uns ja gar keine andere Wahl".

"Fußball kannst ja nicht ohne Körperkontakt und auch nicht mit Mundschutz spielen"

Skeptisch, dass die Saison heuer zu Ende gespielt wird, ist auch der Trainer des SVA Palzing, Sepp Summerer. Wenn es am 1. September losgehen soll, dann müsse man Anfang August mit dem Training beginnen, "vier Wochen Vorlaufzeit braucht es auf alle Fälle". Es sei momentan die große Unbekannte, ob und wann tatsächlich gespielt werden könne und was dann im Frühjahr sei, ob es dann eventuell zu einer Halbsaison komme. Er würde sich zwar freuen, wenn vom 1. September an wieder gespielt werde, aber da müsse man wohl abwarten, wie es bis dahin mit der Infektionskette aussehe. "Fußball kannst ja nicht ohne Körperkontakt und auch nicht mit Mundschutz spielen". Deshalb hält er es durchaus für möglich, dass die laufende Saison erst im März nächsten Jahres fortgesetzt wird, "dann hätten wir ein Jahr nicht mehr Fußball gespielt", seufzt er. Echt schade sei es, sagt Summerer, "dass kein Fußball mehr ist", aber man müsse das akzeptieren.

Gery Lösch, Trainer des TSV Eching, ist zwar froh, dass die Saison weitergeführt werden soll, ist aber unglücklich darüber, dass sich alles so lange hinzieht. Zudem stehe es seiner Meinung nach in den Sternen, ob im September tatsächlich gespielt werden könne, "das ist eine Glaskugelschau". Man wisse nicht, was kommt. Um im September zu spielen, müsse Ende Juli das Training beginnen, sagt Lösch, doch ob das möglich ist, daran glaubt er nicht so recht.

Manuel Haupt, Trainer des Kreisklassenprimus SV Vötting, kann es sich nicht vorstellen, dass die Fortsetzung des Spielbetriebs zum 1. September "eine finale Entscheidung" war. Er begrüße es zwar, die Saison nicht abzubrechen, sondern nur auszusetzen, hält es jedoch für problematisch, jetzt schon ein festes Datum für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs zu nennen. Dass die Saison erst im März nächsten Jahres fortgesetzt wird, könne er sich vorstellen, sagt er, "aber dann hätten wir fast eineinhalb Jahre pausiert". Für einen Fußballer ist das eine unendlich lange Zeitspanne.

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SZ vom 27.04.2020
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