Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Ausnahmen sollten drin sein

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In Einzelfällen ist Schulschwänzen vielleicht nicht auf mangelndes Pflichtbewusstsein zurückzuführen.

Kommentar von Thilo Schröder, Freising

Ausg'schwänzt hat's sich! So zumindest der Tenor bei den befragten Schulleitern im Landkreis Freising. Prinzipiell ist das auch richtig so. Die sogenannte Schulpflicht ist ja im Grunde genommen ein Recht auf Bildung, das in einem wohlhabenden Land wie Deutschland leider nicht immer als wertvolles Gut geschätzt wird.

Vor den Sommerferien, wenn alle Klassenarbeiten geschrieben, die Noten vergeben und der Leistungsdruck gewichen sind, macht sich an Schulen naturgemäß eine gewisse Lethargie breit. Statt Formeln zu pauken, werden vermehrt Eiskugeln geschleckt, oft kommt die Initiative dazu von den Lehrkräften. Da kann man sich schon fragen, ob der Gang zur Schule noch lohnt - und da ist nicht nur die Rede von Kindern mit Laktoseintoleranz.

Es gibt aber auch Fälle von Schulschwänzern, die mit mangelndem Pflichtbewusstsein nicht erklärt werden können. Ein Beispiel wäre die alleinerziehende Mutter, die sich und ihren Kindern einen lange ersehnten Urlaub gönnen möchte, sagen wir, eine Woche Sonne, Sand und Meer auf Malle. Sie hat zwei Minijobs, kaum finanzielle Rücklagen und für diesen Urlaub seit dem vergangenen Sommer gespart. Jetzt hat sie aber einen bezahlbaren Flug nur am letzten Schultag vor den Sommerferien gefunden, und diesen dann gebucht, bevor es sich der Fluganbieter anders überlegt.

Es sind solche Szenarien, die einen nachdenklich werden lassen. Wäre es da nicht seitens der Schulleitung angebracht, ein Auge zuzudrücken und die Kinder zu beurlauben? In Einzelfällen, Ausnahmen also?

Ja, es gibt Angebote wie die Landesförderung Bayern, die Urlaube für einkommensschwache Familien bezuschusst - allerdings muss man dafür seinen Urlaub in ausgewiesenen und vom Freistaat geförderten Familienferienstätten verbringen. Allein der Name klingt schon wie eine Mutter-Kind-Kur oder ein Ausflug ins Landschulheim, mit Eltern statt Lehrern.

Während der Schulferienzeit darf man sogar auf die bundesweiten Angebote zurückgreifen, das sind nicht wenige. Einige Nord- und Ostseeinseln und der Schwarzwald sind somit als Ferienziele drin. Aber mit Malle wird es dann nix.

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Quelle:
SZ vom 25.07.2018
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