Süddeutsche Zeitung

Jazz-Legende Klaus Doldinger:Gute Bekannte

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Die Freisinger bejubeln den bekannten Jazz-Musiker Klaus Doldinger - der beweist, dass man auch mit 82 noch grooven kann.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Am Freitag lief "Das Boot" im Fernsehen. Als Directors Cut. Klaus Doldinger hat den Film auch gesehen, zum ersten Mal, wie er am Samstag seinem Publikum im Lindenkeller gestand. "Kennt Ihr den? Ich habe gar nicht gewusst, dass es den gibt, der dauert dreieinviertel Stunden, Wahnsinn". Und dann spielte er "Das Boot", sozusagen auch als Directors Cut in der Langversion. Doldinger und die Freisinger waren da schon längst miteinander warm geworden. Das war eigentlich schon der Fall, bevor die Musiker auch nur eine Note gespielt hatte. Das Publikum hatte Doldinger und seine Band Passport schon mit jubelndem Applaus empfangen. Man kennt sich schließlich.

"Wenn man in so einem Club spielt wie im Lindenkeller, in dem man früher schon oft gespielt hat, dann hat das einen ganz besonderen Touch. Das macht Freude", sagte der 82-Jährige und setzte nach einer kurzen Pause verschmitzt dazu: "Vor allem, dass ich jetzt überhaupt noch spielen kann". Der Abend startete mit "Abracadabra", einem Stück aus dem Jahr 1973, das viele aus dem ziemlich angegrauten Publikum wohl noch in seiner Originalversion kannten und womöglich damals selbst in einem Schwabinger Club gehört hatten. Was die vielen älteren Konzertbesucher beruhigt haben mag, ist folgende Erkenntnis: Groove verliert sich nicht, wenn man ihn einmal hat, auch nicht mit 82 Jahren. Gut, man muss sich zwischen den einzelnen Nummern vielleicht mal ein bisschen hinsetzen und durchschnaufen, aber man kann auch im Sitzen grooven.

Noch etwas hat Klaus Doldinger seinem Publikum an diesem Abend mitgegeben. Man kann lässig alt werden, ohne dabei lächerlich zu wirken. Vor allem dann, wenn man als lebende Jazz-Legende ganz exquisiten, sehr viel jüngeren Musikern die Möglichkeit gibt, sich zu entfalten, wie das bei der derzeitigen Besetzung von Passport der Fall ist. Doldinger ist Konservatoriumsschüler, hat Klavier, Klarinette, Harmonielehre und Musiktheorie studiert, wer bei ihm mithalten will, der kann was. Der Altmeister wiederum lässt sich gerne von der Jugend inspirieren. Das hat man vor allem am Beispiel der funkigen Percussionisten Ernst Ströer und Biboul Darouiche gemerkt.

"Was für ein schöner Abend", sagte Doldinger gegen Ende. "Morgen spielen wir in Aachen, oh je, ich würd lieber hier bleiben." Das hier wird schon keiner lesen in Aachen.

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Quelle:
SZ vom 26.11.2018
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