Süddeutsche Zeitung

Hallertau:Der Hopfen ist "sehr gestresst"

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Die Ernte wird wegen der Trockenheit nicht gut ausfallen. Die Landwirte müssen mit großen Einbußen rechnen, auch die Produktionskosten sind stark gestiegen.

Von Petra Schnirch, Freising

Für die Hopfenpflanzer in der Hallertau ist es ein sehr schwieriges Jahr. In diesen Tagen beginnt die Ernte, doch die wird wegen der Trockenheit nicht gut ausfallen. Je nach Sorte seien es 30 bis 35 Prozent weniger als im Vorjahr, sagt Hopfenpflanzer Paul Springer aus Hirnkirchen bei Au. Zu schaffen machen den Landwirten außerdem die stark gestiegenen Kosten für Materialien wie den Aufleitdraht und die Preiserhöhungen für Energie. Insgesamt geht es um Mehrausgaben von 25 bis 30 Prozent. Mehr Geld bekommen die meisten für ihren Hopfen dagegen nicht - in der Regel wird der über langjährige Vorverträge mit fixierten Preisen verkauft. Eine Erhöhung "gestaltet sich dementsprechend schwierig", heißt es in einer Mitteilung des Verbands Deutscher Hopfenpflanzer.

Hopfen mag es lieber feucht. Die Hitze und vor allem die Trockenheit der vergangenen Monate hätten ihn "sehr gestresst", bilanziert der Verband. Die Folge sei ein deutlich geringeres Wachstum und eine schlechte Ernte. "Die gestiegenen Kosten treffen also mit stark verminderten Einnahmen im Hopfenjahr 2022 zusammen." Die offizielle Hopfenschätzung fand in dieser Woche statt. Auf einer Gesamtanbaufläche von 17.110 Hektar rechnen die Experten für die Hallertau mit einem Ertrag von 32.500 Tonnen. Zum Vergleich: Im guten Jahr 2021 waren es 41.100 Tonnen.

Enormer Arbeits- und Kapitalaufwand

Das schon sehr belastend für die Betriebe, sagt Paul Springer. Zur schlechten Ernte kämen die hohen Produktionskosten. Er nennt ein Beispiel: Sein Betrieb benötige im Jahr 30.000 Liter Öl. Im vergangenen habe er dafür 20.000 Euro bezahlt, jetzt seien es 50.000. Eine staatliche Energiepauschale von 300 Euro falle da nicht ins Gewicht.

Dabei hatte das Jahr laut Hopfenpflanzerverband gar nicht so schlecht begonnen. Die Auswirkungen der Pandemie bezeichnet er als "überschaubar". Der Rückgang der globalen Bierproduktion sei geringer ausgefallen als erwartet, 2021 sei schon wieder vier Prozent mehr produziert worden als im Jahr zuvor - somit wurde auch mehr Hopfen benötigt. Mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine änderte sich die Situation. Der Hopfen "ist vermutlich die landwirtschaftliche Kultur, die am meisten unter den Preissteigerungen zu leiden hat", sagt der Geschäftsführer des Verbands, Erich Lehmair. Der Arbeits- und Kapitalaufwand sei enorm, etwa durch die Trocknung, aber auch die vielen Stunden mit dem Traktor auf dem Feld. Hinzu kamen heftige Unwetter in der Hallertau mit Hagel, die auch im nördlichen Landkreis Freising große Schäden angerichtet haben.

Angst, dass viele Hopfenpflanzer ihren Betrieb angesichts der schwierigen Situation in diesem Jahr aufgeben werden, hat Lehmair nicht. Schließlich müssten sie ihre Lieferverpflichtungen erfüllen, sagt er. Sollte jedoch noch so ein schlechtes Jahr folgen, "müssen wir von einer Krise sprechen". Noch herrsche das "Prinzip Hoffnung". Auch Springer befürchtet, dass in den kommenden Jahren etliche Hopfenpflanzer aufgeben werden, sollte sich die Situation nicht verbessern. Denkt er auch darüber nach? "Keinesfalls", sagt er. Die Anlagen seien erneuert worden, sein Sohn will den Betrieb weiterführen. Springer hofft aber, dass es staatliche Hilfen für die betroffenen Landwirte geben wird. Die bisher geschnürten Pakete seien ein "Tropfen auf den heißen Stein". Auch die Preise müssten angepasst werden, "auf Dauer können die Landwirte das sonst nicht stemmen".

Eine Bewässerung wird immer wichtiger werden

Das Jahr 2022 habe gezeigt, heißt es von Seiten des Verbands, dass langfristig die Bewässerung ausgebaut werden müsse. In fast allen anderen Ländern sei das im Hopfenanbau bereits der Fall. Deshalb müsse die Hopfenindustrie in den kommenden Jahren zusammen mit Politik und Behörden "tragbare und zukunftsfähige Systeme zur Hopfenbewässerung entwickeln". In Extremjahren wie 2022 litten alle Hopfenpflanzen. Es gebe aber Neuzüchtungen, die mehr Hitze- und Trockenstress vertragen und deren Erträge deshalb nicht so drastisch einbrechen. "Die Hopfenpflanzer würden sehr gerne viel mehr von diesen neuen nachhaltigen Sorten produzieren." Allerdings erweise sich die Brauwirtschaft hier als "etwas träge bei der Umstellung der Bierrezepte auf neue Hopfensorten und nimmt nur wenig dieser Hopfen ab".

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