Süddeutsche Zeitung

Geplante Musikschule Neufahrn-Hallbergmoos:Eingeschlagen wie eine Bombe

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Bei der Echinger Musikschule ist man fassungslos über die Gründung einer Konkurrenz in Hallbergmoos und Neufahrn. Jetzt fürchtet man den Verlust von 150 Musikschülern aus Neufahrn.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Seit knapp 40 Jahren leistet sich Eching als herausragendes Angebot mit Strahlkraft eine kommunale Musikschule - und nun baut die Nachbargemeinde fünf Kilometer entfernt eine Konkurrenzveranstaltung auf. Die Pläne zur Gründung einer Musikschule Neufahrn/Hallbergmoos haben in der Echinger Musikschule wie eine Bombe eingeschlagen. Vor allem ist man fassungslos, weil die Nachbarn das Projekt als geheime Kommandosache betrieben und Eching weder informiert noch beteiligt haben.

"Es war wie ein Schlag ins Gesicht", sagt Musikschulleiterin Katrin Masius. Seit Jahren versucht Eching, Neufahrn stärker einzubinden. Auch beim Musikschulverband hatte Masius schon Modelle zur Kooperation angesprochen. Mit der überraschenden Neugründung unter Beteiligung des Verbands "ist man uns jetzt in den Rücken gefallen", bedauert sie. Seit Jahren hat die Echinger Musikschule auch eine Kooperation mit dem Neufahrner Gymnasium. Etwa 140 Neufahrner Kinder werden von der Echinger Musikschule unterrichtet, den Einzel- oder Gruppenunterricht im Haus besuchen 75. Daran änderte auch nichts, dass auswärtige Kinder seit einigen Jahren 40 Prozent Zuschlag zahlen müssen. Von den insgesamt rund 700 Schülern in diesem Jahr kommen 150 aus Neufahrn.

Anmeldungen aus Neufahrn werden wohl weniger

An diesem Samstag ist von 9.30 bis 13.30 Uhr Tag der offenen Tür an der Echinger Musikschule, anschließend startet die Einschreibung. Masius erwartet, dass Neufahrner Eltern erst einmal die Angebote der eigenen Musikschule abwarten. Mittelfristig befürchtet sie, dass Neuanmeldungen von Neufahrnern deutlich weniger werden. Für Eching bedeutet dies, dass einzelne Stunden und Instrumente weniger nachgefragt werden, was zur Stundenreduzierung führen kann und im Extremfall bis zur Kündigung der entsprechenden Lehrkraft. Damit fiele das jeweilige Instrument aus dem Angebot. "Schleichend wird das so sein", erwartet Masius. "Es entstehen Konkurrenzsituationen, die keine der beiden Gemeinden haben will und die nur auf Kosten der musikalischen Bildung, der Schüler, Eltern und der Lehrkräfte ausgetragen werden", hat die Musikschule in einer Stellungnahme kund getan. Echings Bürgermeister Sebastian Thaler kritisierte "ein Kirchturmdenken, von dem ich dachte, dass es überwunden wäre". Die Musikschule findet es "ziemlich unfair, da wir durchaus ein Interesse daran gehabt hätten, den Musikschulbetrieb in den Einrichtungen der Gemeinde Neufahrn zu erweitern".

Die Musikschule macht sich auch zum Anwalt der Lehrkräfte. Damit die Musikschule Neufahrn/Hallbergmoos unter Trägerschaft eines Vereins funktioniere, müssten die Lehrer unter Tarif bezahlt werden, erwartet man in Eching. Das könne im Ballungsraum "zu prekären Arbeitsverhältnissen führen", heißt es in der Stellungnahme. Dem Gemeinderat Neufahrn seit das wohl nicht bewusst gewesen. "Eching ist hier ein sehr gutes Beispiel, dass man Lehrkräfte vernünftig bezahlt", sagte Thaler vor dem Gemeinderat. Hier werden alle 30 Beschäftigte nach Tarif vergütet.

Bei der Echinger Musikschule hofft man noch

Die Echinger hoffen nun, dass die letzten Takte in der Sache noch nicht angeschlagen sind. "Man hätte hier eine bessere gemeinsame Lösung finden können, die für das musikalische Angebot, für die Fahrtlogistik der Eltern und Situation der Lehrkräfte von Vorteil wäre", heißt es aus dem Haus. Masius sagt, man würde sich "so sehr wünschen, dass man es noch stoppen kann". Unmittelbar nach der Veröffentlichung der Pläne haben Bürgermeister Thaler und Masius den Neufahrner Kollegen Franz Heilmeier besucht. Thaler bilanzierte "ein gutes Gespräch" und sieht die Tür noch nicht ganz zugeschlagen: "Jetzt ist man wenigstens im Gespräch".

Eine Verlautbarung aus dem Neufahrner Rathaus klingt indes nicht so, als solle der Plan umgeworfen werden. Natürlich könnten Neufahrner Schüler noch immer nach Eching fahren. Allerdings habe Neufahrn dort, im Gegensatz zur künftigen Lösung, "weder eine vertragliche Grundlage noch ein Mitspracherecht." Im neuen Konstrukt dagegen sei man von Anfang an ausführlich beraten worden. Ein Trägerverein sei eine seit vielen Jahren übliche Struktur, während gemeindeeigene Modelle kaum noch üblich seien. Die Aussage, dass unsoziale Arbeitsverhältnisse drohen, weist das Rathaus entschieden zurück.

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SZ vom 30.03.2019
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