Süddeutsche Zeitung

Kitas im Landkreis Freising:Buhlen um die Arbeitskräfte

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Die Gemeinden versuchen mit allen Mitteln, Personal für ihre Kindertagesstätten zu rekrutieren. Die einen locken mit zusätzlichem Geld, die anderen mit Wohnungen. Dazu werden die Ausbildungswege immer vielfältiger.

Von Gudrun Regelein, Freising

Personal in der Kinderbetreuung ist rar, sehr rar. In Bayerns Kindertagesstätten (Kitas) fehlen Tausende Vollzeitkräfte, im Herbst 2019 waren es laut Bertelsmann-Stiftung 7200. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) besagt, dass es auf eine Ausschreibung im Kita-Bereich nur fünf Bewerbungen gibt, in anderen Berufen sind es elf.

Das macht sich auch im Landkreis Freising bemerkbar, auch hier ist die Situation angespannt. Im vergangenen Herbst musste der Langenbacher Pfarrkindergarten "Arche Noah" sogar geschlossen werden. Der Grund: Personalmangel. Von den 30 Kindern konnte die Gemeinde bis zum Jahresende 17 in ihren beiden Kindergärten unterbringen, berichtet Geschäftsleiter Bernhard Götz. Seit diesem Jahr hat die "Arche Noah" wieder geöffnet: Neues Personal konnte gefunden werden. Für die beiden Gemeindekindergärten sei es bislang zwar immer gelungen, die notwendigen Kräfte zu finden, sagt Götz. "Aber es ist schwieriger geworden."

Die Anzahl der Ausbildungsplätze wurde erhöht, die Planstellen flexibilisiert und es sind jederzeit Stellen ausgeschrieben

"Wir unternehmen alles, um die Stellen zu besetzen", sagt Freisings Hauptamtsleiter Rupert Widmann. So seien immer Stellen ausgeschrieben, um den Personalstamm zu erhöhen. Außerdem seien die Anzahl der Ausbildungsplätze in den Kitas vergrößert und die Planstellen flexibilisiert worden. Seit diesem Januar wird an alle Beschäftigte - und damit auch an das Kita-Personal - die Großraumzulage in voller Höhe gezahlt. "Das ist eine weitere Maßnahme der Personalgewinnung und Personalpflege", sagt Widmann.

Das Thema Kinderbetreuung - beziehungsweise das dafür notwendige Personal - beschäftigt die Verantwortlichen in hohem Maße. Für dieses Jahr ist viel geplant: Bei der Kita Angerstraße erfolgt der Baubeginn, die neue Kita Lerchenfeld ist in Planung und der Kindergarten Sonnenschein wird um eine Gruppe erweitert. Das heißt, 13 neue Gruppen sind im Entstehen, jede Gruppe sollte mit drei pädagogischen Kräften besetzt werden, das wären in der Summe also 39 zusätzliche Kräfte. Das sei zwar eine große Zahl, sagt Widmann, aber nicht alle Einrichtungen seien zeitgleich fertig. Das sorge für Entspannung. "Aber wir machen uns keine Illusionen, dass es sportlich sein wird, alle Stellen richtig zu besetzen."

Auch die Gemeinde Marzling setzt auf die Großraumzulage. "Das machen alle Kommunen rundherum, da können wir uns nicht enthalten", sagt Bürgermeister Dieter Werner. Schon jetzt sei es gerade bei der Kinderbetreuung äußerst schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Die Großraumzulage könne zumindest einen Anreiz bilden. Aus dem gleichen Grund gewährt die Gemeinde Kranzberg ihren Mitarbeitern von Januar an diese Zulage. Gerade in den Mangelberufen - wie bei Erzieherinnen oder Kinderpflegerinnen - könne es sonst schwer werden, qualifiziertes Personal zu finden, lautete die Begründung.

Es gibt Versuche, dem Fachkräftemangel zu begegnen: Wohnung für Kita-Personal in Neufahrn, Optipax in Freising

In Langenbach dagegen darf die Zulage nicht gezahlt werden, "wir liegen gerade an der Grenze", berichtet Bernhard Götz. Der Geschäftsleiter der Gemeinde befürchtet dadurch Nachteile, "das wird noch zu einem großen Problem werden". Neufahrn setzt auf eigene Wohnungen für das Kita-Personal: Mit diesen will die Gemeinde die Arbeitsplätze in ihren Einrichtungen attraktiver machen und neues Personal gewinnen. Das Interesse an den Wohnungen sei groß, berichtete Christian Salzmann von der Verwaltung kürzlich im Gemeinderat. Bezugsfertig sind die zwischen 44 und 82 Quadratmeter großen Wohnungen wohl am 1. September. Pro Quadratmeter beträgt die Miete nur 9,50 Euro.

Daneben gibt es weitere Versuche, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Optiprax etwa ist eine neue Form der Erzieherausbildung im dualen System, die sich an Abiturienten und Fachabiturienten richtet. An der Berufsfachschule für Kinderpflege in Freising ist im Herbst 2019 die erste Klasse mit 20 Frauen und einem Mann gestartet. Die Ausbildung findet je zur Hälfte an der Berufsschule und in der Kita statt. Und: Alle verdienen vom ersten Tag an Geld, wie Berufsschulleiter Matthias Fischer berichtet. Die Ausbildung zur Erzieherin dauert so nur drei Jahre und nicht fünf. Seine Bilanz fällt bisher positiv aus. Zwar sei die Ausbildung offenbar anspruchsvoller, als manche Teilnehmer dachten, "aber noch sind alle dabei". Der Weg hat Zukunft, ist Fischer überzeugt. Die Arbeitsagentur Freising dagegen steckt Bundesfördermittel in die Ausbildung von Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern. In ihrem Auftrag werden von einem Bildungsträger seit vergangenem Jahr 20 Schüler in der Theorie unterrichtet. Die Praxis lernen sie parallel dazu in einer Kita kennen.

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SZ vom 03.02.2020
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