Süddeutsche Zeitung

Katholische Frauengemeinschaft:"Es sind einfach Frauen, die zupacken"

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Die Angehörigen der Katholischen Frauengemeinschaft putzen die Kirche und betreuen Senioren. Deren Zukunft sieht Berta Hagn von der Ortsgruppe Hohenbachern-Vötting eher kritisch. Es fehlt der Nachwuchs.

Interview von Alexandra Vettori, Freising

Katholische Frauengemeinschaft, das klingt nach Palmbuschenbinden und Stricken für den Adventsbasar. Und doch: Jüngst übergab der Bundesvorstand dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ein symbolisches "MachtMeter". Die SZ wollte von Berta Hagn, die im Vorstand der Ortsgruppe Vötting-Hohenbachern ist, wissen, was es mit der Katholischen Frauengemeinschaft, kfd, auf sich hat. Immerhin ist es bundesweit noch immer der größte Frauenverein.

SZ: Für was steht die kfd?

Berta Hagn: Palmbuschenbinden gehört immer noch zu unseren Aktivitäten, und zumindest früher hatten wir wunderbare Adventsmärkte. Für was wir stehen? Nun, wir haben uns mit der Geschichte gewandelt. Nächstes Jahr feiert meine Ortsgruppe, die von Vötting-Hohenbachern, ihr 100-jähriges Bestehen. Damals hieß der Verein noch Katholischer Mütterverein. Der Vorsitzende war immer der örtliche Priester. Immerhin hat er den Frauen die Möglichkeit gegeben, sich außerhäuslich zu betätigen, wenn auch nur karitativ. Man muss sich das vorstellen, damals durften Frauen noch nicht einmal in den Altarraum. (lacht). In den 1970er Jahren hat sich dann die kfd schon dafür eingesetzt, dass Mädchen Ministranten werden durften. Heute ist es klare Position der kfd, dass die Machtverhältnisse in der katholischen Kirche verändert werden müssen. Das symbolisiert auch das "MachtMeter", das Sie angesprochen haben. Es ist ein purpurfarbener Zollstock, der den Abstand zwischen Amtskirche und den Frauen versinnbildlicht.

Was waren die Errungenschaften der kfd?

Das war, wie ich schon erwähnte, zum Beispiel, dass auch Mädchen Ministrantinnen werden durften, und auch dass die Vergewaltigung in der Ehe strafbar sein sollte, war eine kfd-Forderung. Ebenso die Mütterrente, mit der die Erziehungszeiten anerkannt werden. Man muss sich das so vorstellen: Wenn 600 000 Frauen Druck ausüben, die traditionell vor allem in den konservativen Parteien stärker verwurzelt sind, dann bringen die schon was auf den Weg. Und jetzt sind wir praktisch im Finale, wenn wir fragen: Warum dürfen Frauen nicht als Seelsorgerinnen arbeiten? Dafür gibt es zwar schon das Amt der Pastoralreferentin, aber die priesterliche Weihe wird den Frauen immer noch vorenthalten. Man kann nicht immer sagen, wir brauchen mehr Priester, und gleichzeitig haben wir da gut ausgebildete Frauen, die es nicht werden dürfen. Ihnen stehen immer noch nur die "niederen Ämter" offen. Zwar durften Frauen immer wieder auch Wortgottesdienste leiten, aber immer nur als Lückenbüßer.

Vertritt die kfd da die Position aller Katholikinnen?

Na ja. Manche stehen da nicht so hinter der Linie des Bundesverbands. Es sind nicht nur die Kirchenoberen, die da noch nicht so weit sind. Es fehlt auch noch die breite Basis. Im vergangenen Jahr haben wir eine Unterschriftenaktion gestartet, für die Zulassung von Frauen für das Priesteramt. Da sind dann auch bei uns in der Kirche Listen verschwunden, wurden mit Kommentaren versehen oder durchgestrichen.

Kommen wir zur politischen Linie. Gerade erst hat die kfd-Bundesversammlung einstimmig beschlossen, dass eine Mitgliedschaft in der "Alternative für Deutschland" (AfD) nicht mit einer Mitgliedschaft in der kfd vereinbar ist. Wie stehen Sie dazu?

Ich sehe das genauso. Rechtsnationales Gedankengut kann man in einem christlichen Verein sowieso nicht gebrauchen. Wir haben hier in Freising noch keine konkreten Probleme damit gehabt und ich habe auch noch nie von anderen Ortsgruppen hier so etwas gehört.

Wie viele Ortsgruppen der kfd gibt es denn im Landkreis Freising und was machen die so?

Es gibt die kfd Vötting-Hohenbachern in Freising, dann in Sünzhausen, in Kranzberg, und es gab die kfd in Hallberg- moos, die aber, ebenso wie die kfd Zolling, den Bundesverband vor einigen Jahren verlassen haben. Anlass war eine Beitragserhöhung. Es wurde und wird immer wieder kritisiert, dass das meiste Geld aus den Mitgliedsbeiträgen an den Bundesverband, den Diözesanverband fließt und nur wenige Euro im Ortsverband bleiben. Was wir machen? (lacht) Die Kirche putzen, Senioren betreuen, Spenden sammeln. Es sind einfach Frauen, die zupacken. Das ist jetzt keine große Politik wie im Bundesverband. Wir sind eher die, die da sind, wenn jemand gebraucht wird. Dann haben wir auch ein interessantes Programm, das jetzt aber wegen Corona natürlich erst mal fast komplett ausfällt. Aber normalerweise haben wir tolle Führungen, Ausflüge oder Vorträge, die Geselligkeit ist bei uns wichtig.

Wie sieht es mit der Mitgliederentwicklung aus?

Die ist ein Problem. Nehmen wir den Ortsverband Hohenbachern-Vötting. Wir haben noch 100 Mitglieder, es waren aber schon 130. Und der Altersdurchschnitt ist bei über 60 Jahren. Das liegt natürlich daran, dass die jungen Frauen heute in der Regel eine Doppelbelastung haben, und dann am Nachmittag oder Wochenende einfach keine Zeit. Ganz ehrlich: Ich sehe unsere Zukunft pessimistisch. Man sieht ja, dass das Interesse schwindet, das ist das Gleiche wie bei den Kriegervereinen.

Was könnte ein Mittel sein, Jüngere anzuziehen?

Interessant fand ich, dass jüngere Frauen bei der Programmgestaltung angeregt haben, Themen wie "altbewährte Küchentipps" oder Traditionen aufzugreifen. Da findet gerade ein Wandel in der Gesellschaft statt, auch die Jungen interessieren sich wieder für so was, nicht für Kitsch, sondern für Hochwertiges, Echtes. Das könnte eine Chance für uns sein, denn das alte Wissen ist bei unseren Frauen noch da.

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