Süddeutsche Zeitung

Großbaustelle in Freising:Operation am offenen Herzen

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Die Arbeiten zur Umgestaltung der Innenstadt stellen die Beteiligten, die alles aufeinander abstimmen müssen, vor große Herausforderungen.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Die Bauarbeiten zur Sanierung und Neugestaltung der Innenstadt gehen in der Oberen Hauptstraße auf Hochtouren weiter - mit großem Gerät gehen die Arbeiter zu Werke, und das vor allem auch hörbar. Über den aktuellen Stand der Arbeiten hat die Stadt am Donnerstag bei einem Presserundgang informiert. Sicher sei, dass die Großbaustelle derzeit eine enorme Belastung für Anwohner und die betroffenen Geschäftsleute sei, sagte Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bei dieser Gelegenheit. Aber alle wüssten, für was sie diese Belastung in Kauf nähmen, nämlich die Perspektive, dass die Freisinger Innenstadt dadurch wettbewerbsfähig werde und bleibe, so Eschenbacher. "Dafür investieren wir viele Millionen Euro."

Der Stand der Dinge beim Ausbau des Fernwärmenetzes der Stadtwerke, die Moosachöffnung, das Ingenieurbauwerk Moosach auf Höhe Sackgasse sowie die Herstellung der Oberflächen an der Oberen Hauptstraße ab der Karlwirt-Kreuzung stadteinwärts waren bei diesem Rundgang die Themen. "Eine Operation am offenen Herzen" nannte Freisings Stadtbaumeisterin Barbara Schelle das, was sich dort gerade tut. Mehrere Firmen müssen ihre Arbeiten genau aufeinander abstimmen. Alles müsse bei laufendem Betrieb erledigt werden, die Lieferfahrzeuge bräuchten Zugang zur Innenstadt und auch blinde Menschen müssten sich noch zurechtfinden können. An all das müsse gedacht werden. Koordiniert werden die Arbeiten von Michael Schulze vom Freisinger Stadtplanungsamt, "und das ist dann auch wirklich so was wie Flöhe hüten", versicherte Barbara Schelle weiter.

Bei alldem muss auch der Denkmalschutz eingehalten werden

Die Stadt Freising bekomme für den Umbau der Innstadt erhebliche Zuschüsse aus dem Topf für die Städtebauförderung und stehe hier derzeit sogar bayernweit an erster Stelle. "Das geht aber auch nur, wenn wir die Vorgaben des Denkmalschutzes einhalten", erklärte Barbara Schelle. In der vergangenen Woche erst habe sich ein Team von Denkmalschützern über den Stand der Dinge in der Freisinger Innenstadt informiert. "Die waren wirklich schwer beeindruckt von dem, was hier alles für den Denkmalschutz getan wird", erklärte die Freisinger Stadtbaumeisterin.

Weit fortgeschritten sind nach Informationen von Stadtwerkeleiter Andreas Voigt mittlerweile die Arbeiten für den Ausbau des Fernwärmenetzes in der Innenstadt. Elf Gebäude seien bereits angeschlossen, mit weiteren Hausbesitzern sei man im Gespräch, langfristig sei geplant, 25 bis 30 Gebäude mit Fernwärme zu versorgen. Das Verlegen der Leitungen sei eine Herausforderung. Schon allein, weil es oft recht eng zugehe, schilderte Wolfgang Melzer von der zuständigen Firma Stanglmeier. Außerdem müsse jede Schweißnaht, die von seinen Arbeitern gesetzt werde, geröntgt werden, um sicherzustellen, dass sie auch wirklich dicht sei. Erst dann könne die Isolierung angebracht werden. In der ersten Augustwoche will die Firma mit den Arbeiten an der Amtsgerichtsgasse beginnen, Ende September, Anfang Oktober will man damit fertig sein, etwas früher als geplant.

Während der Bauarbeiten muss die Stadt für mögliches Hochwasser gerüstet sein

Bei den Arbeitern der Firma Wadle, die derzeit mit der Moosachöffnung an der Oberen Hauptstraße beschäftigt sind, schaut übrigens auch jeden Tag ein Archäologe vorbei. Wertvolles habe er aber noch nicht gefunden, so Innenstadt-Koordinator Michael Schulze. Wichtig sei, dass die Stadt auch während der Bauarbeiten für einen möglichen Hochwasserfall gerüstet sei. Darum seien an der Karlwirt-Kreuzung jetzt drei große Pumpen eingebaut worden, mit denen das Hochwasser abgeleitet werden könne und zwar durch 600 Meter lange Rohe, die nach Auskunft von Herbert Priller von der Firma Wadle 1000 Liter pro Sekunde durchlassen können. Um das Ingenieurbauwerk für die Moosach sanieren zu können, das letzte Mal ist das 1963 geschehen, wird das normale Moosachwasser ebenfalls durch Rohre geleitet, die 800 Liter pro Sekunde fassen können. In den nächsten Tagen sollen im unteren Teil der Oberen Hauptstraße 40 Bohrpfähle gesetzt werden, die zehn Meter in die Tief gehen. Sie sollen dann die neuen Ufermauern einmal tragen. Die alten Bohrpfähle aus Eiche, die 1880 gesetzt wurden, als die Moosach geschlossen wurde, sind marode. Spezielle Spundwände schützen die Baugrube außerdem vor dem Eindringen des Grundwassers.

In der Baugrube selbst werden zunächst die bestehenden, sanierungsbedürftigen Ufermauern aus Ziegel abgebrochen und durch neue Einfassungen ersetzt, die auf den Bohrpfählen gründen. Ab Mitte September will die Firma Wadle dann mit den Betonarbeiten beginnen. Unterdessen wartet Wolfgang Melzer von der Firma Stanglmeier auf weitere 50 Container mit Gehwegplatten aus Portugal, die per Schiff geliefert werden. Rund 35 Container sind bereits angekommen. "Und das reicht uns nur für die Hälfte", sagte Melzer.

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SZ vom 17.07.2020
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