Süddeutsche Zeitung

Freisinger im Krisenmodus:Videovisiten und Videounterricht

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Die Klinikclowns testen, wie sie Kinder in Krankenhäusern und Menschen in Seniorenheimen trotz des Besuchsverbots aufheitern können. Beim Musikverein "Dreiklang" freut man sich über hoch motivierte Schüler vor den Bildschirmen.

Von Petra Schnirch und Nadja Tausche, Freising

Die harten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen auch die Menschen im Landkreis auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die meisten haben aber konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ gibt in einer Serie Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus.

Die Klinikclowns

Besuche in Kliniken und Seniorenheimen sind nicht mehr möglich - die Klinikclowns testen deshalb verschiedene Möglichkeiten, wie sie Patienten und Bewohner trotzdem erreichen und aufmuntern können. Dazu gehören zum Beispiel Videovisiten, wie Elisabeth Makepeace, Vorsitzende des Vereins mit Sitz in Freising, schildert. "Das ist natürlich nicht identisch" mit persönlichen Kontakten, zudem erreiche mal nicht so viele Kinder wie sonst. Aber die Clowns könnten schon ein bisschen Stimmung machen. Angelaufen ist dieses Angebot in der Onkologie der Schwabinger Kinderklinik sowie im Zentralklinikum Augsburg. Über Handy oder Tablet nehmen die Clowns direkt Kontakt zu den kleinen, schwerkranken Patienten auf und improvisieren - wie sonst auch.

Dies sei auch in anderen Kliniken denkbar, sagt Makepeace. Dies müsste allerdings jemand koordinieren. Da das Personal überall am Anschlag arbeitet, wollen sich die Klinikclowns nicht aufdrängen, wie sie betont. Die Clowns testen auch andere Formate wie Videoaufzeichnungen, die auf Youtube gestellt werden können. Für viele von ihnen sei das Neuland. Die Filme könnten abgerufen oder auch auf internen Fernsehkanälen eingespielt werden. Die Stärke der Klinikclowns: Sie seien unbedarft, unbelastet vom Alltag in den Krankenhäusern und können laut Makepeace "die Atmosphäre auflockern". Deshalb sind sie in vielen Häusern gerne gesehen.

Auch der bereits angelaufene Kurs für den Clown-Nachwuchs in Freising ist unterbrochen worden. Er ist im Februar gestartet und dauert üblicherweise in Blöcken etwa sechs Monate. Selbst in Kleingruppen mache dies vorerst keinen Sinn, erklärt die Vereinsvorsitzende, da die Körperlichkeit eine große Rolle spiele. Derzeit werde ausgelotet, was machbar sei, erzählt sie. Teilweise kommen die Vorschläge auch von den Heimen. Ein Haus für ältere behinderte Menschen im Landkreis Dachau hat laut Makepeace beispielsweise vorgeschlagen, in einer leer stehenden Kirche Filme zu drehen. Derzeit werde geprüft, ob zwei Clowns, "natürlich mit dem nötigen Abstand", dort etwas zeigen könnten. In normalen Zeiten seien die Klinkclowns "fester Bestandteil" in vielen Kliniken und Heimen. "Wir versuchen, Kontakt zu halten." Denn viele Partner bedauerten, dass zurzeit keine Besuche möglich sind.

Die Musiklehrerin

Am Anfang habe sie schon ein wenig Bedenken gehabt, erzählt Theresa Schröttle. Musikunterricht per Videoanruf - und das auch bei Erst- oder Zweitklässlern? Mittlerweile haben sich ihre Sorgen aber zerschlagen: "Es läuft sehr gut", sagt die stellvertretende Schulleiterin des Musikvereins "Dreiklang" in Freising. Sie selbst gibt Querflötenunterricht für Sieben- bis 18-Jährige - und spürt momentan sogar mehr Motivation als in normalen Zeiten: Die Schüler hätten mehr Zeit zum Üben und seien teilweise auch einfach froh, etwas zu tun zu haben, so Schröttle.

Auch von Eltern bekomme sie positive Rückmeldungen. "Die Musik hat einen neuen Stellenwert bekommen", so ihr Eindruck - damit verbreite man schließlich ein bisschen Lebensfreude. "Viele musizieren plötzlich mit Familienmitgliedern, was sie vorher gar nicht gemacht haben."

Der Unterricht läuft dabei so ab, dass die Musiklehrer von Dreiklang jeweils einen Schüler gleichzeitig in einer Art "Liveunterricht" per Videochat unterrichten. "Man lässt den Schüler spielen, verbessert ihn, spielt selbst etwas", erzählt die Musiklehrerin. "Und viele Lehrer machen auch zusätzlich Videos." Manche Musiklehrer informieren sich ihr zufolge außerdem im Internet, recherchieren in Foren, welche Erfahrungen andere gemacht haben. Was nicht funktioniere, sei, dass mehr als eine Person gleichzeitig spiele. Ansonsten gebe es aber kaum Probleme: Die älteren Kinder seien wegen des Online-Unterrichts der Schulen im Moment sowieso daran gewöhnt, viel am Computer zu sitzen. Und auch bei erwachsenen Musikschülern und Senioren klappe es nach anfänglicher Hilfe beim Einrichten von Skype und Co. mittlerweile gut.

Was die Bezahlung betrifft, kann der Verein die Honorare der Musiklehrer bisher normal weiterbezahlen. Schwierig werde es bei Gruppen und Ensembles, die sich derzeit nicht treffen könnten, so Schröttle - Dreiklang habe deshalb Soforthilfe beantragt, um die Lehrer trotzdem bezahlen zu können. Auf der positiven Seite kann der Musikverein in Zukunft zumindest die jetzt erprobten Möglichkeiten fortführen: Zwar nicht als grundsätzliche Form des Musikunterrichts, so Theresa Schröttle, aber durchaus, wenn jemand weit weg wohne oder Probleme habe, zur Musikschule zu fahren.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2020
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