Süddeutsche Zeitung

Fluglärm im Landkreis Freising:Es ist wieder laut geworden

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Der Fluglärm hat auch im nördlichen Landkreis nach der Corona-Pause deutlich zugenommen. Dort formiert sich neuer Protest. Eine neue, alte Forderung ist ein Nachtflugverbot.

Von Petra Schnirch, Attenkirchen

Die Corona-Zeit hatte auch ihre guten Seiten. Stefan Neumann lacht kurz, als er das erzählt, denn er weiß, wie absurd das für viele klingen muss. Doch er meint nicht das Virus selbst, sondern die Ruhe während der Pandemie, die Monate fast ohne Fluglärm. Neumann wohnt in Thalham, die Beschwerden dort häufen sich wieder. Betroffene dort befürchten, dass es bald wieder so schlimm sein könnte wie früher. Deshalb überlegen sie, wie der Druck auf Flughafenbetreiber und Politik erhöht werden könnte.

Vor der Pandemie habe seine Frau einmal eine Strichliste geführt und mehr als 500 Überflüge gezählt, an einem Tag, schildert Stefan Neumann. Vor allem bei Ostwind sei Thalham stark betroffen. Das hatte Attenkirchens Bürgermeister Mathias Kern im Juli bereits als Gast in der Fluglärmkommission moniert. Die Flugzeuge überflögen Attenkirchen und seinen Ortsteil Thalham, anstatt sich an die vorgesehene Route westlich der Gemeinde zu halten, sagte Kern damals. Durch die sich wegen des Klimawandelns verändernden Windsysteme herrsche mittlerweile "wesentlich häufiger Ostwind", so eine Beobachtung Neumanns. Dadurch habe sich in den vergangenen Jahren die Belastung im nördlichen Landkreis "deutlich erhöht".

Ein absolutes Nachtflugverbot würde die Anwohner entlasten

Endlich ein absolutes Nachtflugverbot zwischen 22 und sechs Uhr, eine Reduzierung der Slots am Airport durch den Ausbau des Schienenverkehrs und eine Neubewertung der Flugrouten aufgrund der Fluglärmbelastung und der Luftverschmutzung mit Ultrafeinstaub: Das sind die zentralen Forderungen eines Kreises, der sich auf Initiative von Stefan Neumann vor einigen Wochen formiert hat. Wie sich dieser künftig organisieren wird, ob die Aktiven eine neue Initiative gründen oder sich einem bestehenden Verein anschließen, ist noch offen. Wichtig ist Neumann, dass das Engagement über Gemeindegrenzen hinausgeht, weil auch der Lärm dort nicht endet. Die Diskussion über die Forderungen, die ja nicht neu sind, soll gerade im Landkreis-Norden wieder stärker in den Fokus rücken.

Seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter stammen aus Au, Kirchdorf, Langenbach und Zolling. Er glaube nicht, "dass es zielführend ist, sich als Bürgerinitiativen der einzelnen Orte zu engagieren, vielmehr müssen wir als Verbund der betroffenen Gemeinden agieren", sagt der Thalhamer und hofft auf breite Unterstützung. "Es geht alle Gemeinden im gesamten nördlichen Landkreis an und nur so können wir gemeinsam die Belastung, wo möglich, reduzieren." Allerdings war Bürgermeister Kern zuvor bei seinen Kollegen aus den Nachbargemeinden in der Fluglärmkommission auf Widerstand gestoßen, als er anregte, Flugrouten und somit den Fluglärm etwas zu entzerren.

Durch Frachtflieger könnte die Belastung auch nachts steigen

Die Zahl der Flugbewegungen hat sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 285 000 Starts und Landungen verdoppelt. Flughafen-Chef Jost Lammers rechnet damit, dass diese Entwicklung 2023 weitergehen wird. Zum Vergleich: 2019, vor der Corona-Krise, waren es 417 000. Angesichts des neuen DHL-Gateways glaubt Stefan Neumann, dass der Flughafen als weiteres wirtschaftliches Standbein auch seine Frachtkapazitäten deutlich ausbauen will - und damit "die Belastung tagsüber, aber vor allem auch nachts zusätzlich wächst".

Konkrete Veranstaltungen hat die Gruppe um Neumann noch nicht geplant. Was er sich vorstellen kann, sind Infoveranstaltungen im nördlichen Landkreis, beispielsweise mit dem Landrat oder Vertretern des Bürgervereins oder des Aktionsbündnisses Aufgemuckt.

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