Süddeutsche Zeitung

Impfen in Apotheken:Der Bedarf ist nicht vorhanden

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Bundesweit dürfen seit Dienstag auch die Apotheken Impfungen gegen das Coronavirus anbieten. Im Landkreis Freising sieht man wegen der fehlenden Nachfrage dafür derzeit aber keine Notwendigkeit.

Von Charline Schreiber, Freising

Von diesem Dienstag an können bundesweit auch Apotheken Impfungen gegen Covid-19 anbieten. Im Landreis Freising müssen sich Impfwillige aber vorerst weiter auf das Impfzentrum und die Hausarztpraxen verlassen. Bisher sei die Impfnachfrage nicht so hoch, dass Apotheken einspringen müssten, erklärt dazu Freisings Apothekensprecherin Ingrid Kaiser. "Wenn Not am Mann wäre, dann wären wir sofort einsatzbereit."

Kaiser, die auch Inhaberin der Engel-Apotheke in Freising ist, stellt aber fest, dass sich derzeit eine gewisse Impfmüdigkeit breitmacht. In den vergangenen Wochen hätten sich nur eine Handvoll Kunden nach einer Impfmöglichkeit bei ihr erkundigt. Für weitere Impfstellen in Apotheken bestehe aktuell keine Notwendigkeit. Hinzu komme, dass die angebrochenen Impfdosen innerhalb weniger Stunden an Patienten verteilt werden müssten.

Angebrochene Impfdosen sollen nicht verschwendet werden

Nach Ablauf der Haltbarkeit müsse der Impfstoff verworfen werden, erklärt die Sprecherin. Beim Impfstoff von Johnson and Johnson seien das pro Flasche fünf Impfdosen, eine Ampulle Biontech sei nach sechs Dosen verbraucht und bei Moderna müssten sogar zehn Patienten erscheinen.

Sei die Nachfrage zu gering, werde also Impfstoff verschwendet. Außerdem müssen in den pharmazeutischen Einrichtungen die Räume für wartende Personen gegeben sein. Freisings Apothekensprecherin geht deswegen davon aus, dass Apotheken, die bisher bereits Corona-Tests durchgeführt haben, eher als zusätzliche Impfstelle geeignet seien. Hier seien Wartezonen bereits einkalkuliert. Nach Einschätzungen von Ingrid Kaiser werden in Zukunft vorrangig große Apotheken, etwa in Einkaufszentren oder am Flughafen, Impfmöglichkeiten anbieten. Die Laufkundschaft nehme hier das Angebot eher in Anspruch. Von Haus- und Landapotheken aber erwarte sie weiterhin Zurückhaltung.

Es mangele nicht an zu wenig Impfstellen, heißt es bei der Kloster-Apotheke

Ihr selbst seien im Landkreis keine teilnehmenden Apotheken bekannt. Auch Lisa Lettenmayer, Inhaberin der Hofapotheke in der Freisinger Innenstadt, wird vorerst keine Impfmöglichkeit einrichten. "Die Räumlichkeiten, das nötige Personal und die fachliche Fortbildung sind bei uns einfach nicht gegeben", erklärt sie. Dadurch, dass ihr Team sowohl Corona-Tests durchführe als auch Impfzertifikate ausstelle, seien die Kapazitäten bereits ausgelastet. Ausschließen, dass auch die Hofapotheke in Zukunft Impfungen ermögliche, möchte Lettenmayer es aber nicht. Aktuell wolle sie aber beobachten, wie das Angebot allseits angenommen wird.

In der Kloster-Apotheke werde es aktuell und auch in Zukunft keine zusätzliche Impfstelle geben, verrät Inhaber Thomas Bauer. "Diejenigen, die sich jetzt noch nicht haben impfen lassen, denen mangelte es doch nicht an zu wenig Impfstellen", sagt er. Möglichkeiten gebe es genug, ausführen sollten es demnach auch die, die es nicht nur in einem Kurzseminar gelernt haben, findet Bauer.

Hausärtze sehen Apotheker unzureichend qualifiziert fürs Impfen

Dass Apotheken nun auch gegen das Coronavirus impfen dürfen, wird vom Bayrischen Hausärzteverband wegen der mangelnden Qualifikation der Apotheker kritisch gesehen. Markus Beier, Landesvorsitzender des Bayrischen Hausärzteverbandes, sieht hier ein Zeichen politischer Missachtung gegenüber niedergelassenen Ärzten, heißt es in einer Pressemitteilung zum Impfstart in bayrischen Apotheken. "Wir haben bisher nur Phasen des starken Impfstoffmangels und Phasen eines deutlichen Überangebots an Impfmöglichkeiten erlebt. In beiden Situationen ergeben zusätzliche Impfstellen keinen Sinn", so der Landesvorsitzende.

Dabei kritisiert er auch, dass die Ausbildung der impfenden Apotheker nicht ausreiche, um bei unerwarteten Impfreaktionen oder gesundheitlichen Notfällen zu handeln. Die "Grenzen medizinischer Heilberufe" würden hier überschritten, warnt Beier.

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SZ vom 08.02.2022
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