Süddeutsche Zeitung

Frauen-Dinner im Bayerischen Hof:"Ich wollte ein Vorbild sein"

Lesezeit: 3 Min.

Im Netzwerk "Frauen 100" schließen sich Frauen aus Wirtschaft, Politik, Sport und Medien zusammen. Das Gründerfestival "Bits & Pretzels" nutzen sie als Bühne, um für Empowerment und Chancengleichheit zu werben. Über einen Abend mit Geschichten und Geschenken.

Von Karin Kampwerth

Einer der heitersten Momente des Abends kam zwischen Brunnenkressesuppe und Tomatenrisotto, als die Tochter eine Whatsapp schreibt und ihre Begeisterung für die Goodie-Bag mitteilt. Periodenunterwäsche, Handykette, Gesichtsserum ... Alles Geschenke, die die Teilnehmerinnen des "Frauen 100"-Dinners am Samstagabend im Münchner Hotel Bayerischer Hof in einer hübsch verpackten Tüte mit nach Hause nehmen konnten. Die Giveaways wurden schon lange vor dem Auspacken auf Instagram gepostet. So geht Netzwerken.

Unternehmerinnen, die sich bei "Frauen 100" zusammengeschlossen haben, nutzten die Goodie-Bag als Gelegenheit, um die Bandbreite ihres Unternehmerinnentums zu präsentieren. Trommeln, sich gegenseitig unterstützen und füreinander einzustehen, ist schließlich das Wesen eines Netzwerkes. Zu den Geschenken des Damenabends gehörten aber nicht nur eine Auswahl von Produkten, sondern auch persönliche Erfolgsgeschichten, die die Frauen im Gardenrestaurant des Luxushotels teilten.

​Im Fokus des Treffens standen Gründerinnen, weshalb das Netzwerk auch so gut zu "Bits & Pretzels" passt, der dreitägigen Konferenz der Startup-Szene. Das "Founder-Festival" findet bis einschließlich Dienstag in München statt. Als Top-Speaker stehen Oliver Kahn, Robert Habeck und Michelle Obama auf dem Programm.

Wie es gelungen sei, die ehemalige First Lady der Vereinigten Staaten nach München zu holen, war noch vor der Vorspeise von drei Männern in Lederhosen zu erfahren, die mit ihrer guten Laune beinahe als wiesnselige Party-Crasher durchgegangen wären: Andreas Bruckschlögl, Bernd Storm und Felix Haas sind die Gastgeber von "Bits & Pretzels".

Eine Lederhose könnte es wohl auch gewesen sein, die Michelle Obama nun nach München lockt. Nämlich die, die Barack Obama anprobiert habe, als er vor vier Jahren "Bits & Pretzels"-Stargast gewesen sei, wie Haas augenzwinkernd vermutete. Ein Foto davon habe der Ex-US-Präsident seiner Frau geschickt, die sich diese Stadt nun einmal selbst ansehen wolle. Michelle Obama sei eine Frau, die für so vieles stehe, auch die Frage, wie man Grenzen in nicht einfachen Zeiten überwinde. Kurzum: eine inspirierende Person, die deshalb "sensationell" passe.

Das traf nach Ansicht der applaudierenden Frauen auch auf Alisa Jahnke zu. Die 31-Jährige hat vor sieben Jahren die Modeschmuck-Marke Purelei gegründet, mit der sie inzwischen 60 Millionen Euro jährlich umsetzt. Das zu erreichen, dafür habe es Mut gebraucht - das Substantiv des Abends, das sich durch alle Geschichten zog, die zu hören waren.

Jahnke erinnerte sich an einen ihrer ersten Gründerinnen-Auftritte auf der OMR, einer Messe für digitales Marketing und Technologie. Hochschwanger und mit dicken Füßen habe sie da vor 7000 Menschen auf der Bühne gestanden, auch in Sorge, "dass in den nächsten 20 Minuten meine Fruchtblase platzt". Aber: "Ich wollte das Thema Kind und Karriere pushen. Ich wollte ein Vorbild sein, was Cooles erreichen." Und zeigen, dass man auch mit einem Kind im Bauch darüber sprechen könne.

Microsoft-Managerin Magdalena Rogl begann ihre Karriere als Kinderpflegerin

Mut brauchte auch Magdalena Rogl, Projektleiterin Diversität und Inklusion bei Microsoft. Ihre berufliche Karriere startete die 38-Jährige in ihrem Traumberuf als Kinderpflegerin, für die Ausbildung schmiss sie die Schule nach der zehnten Klasse. Dann aber entdeckte sie Social Media für sich, wurde Community-Managerin bei Focus Online, später Managerin für soziale Medien und Online-Kommunikation bei der Tomorrow-Focus AG, bis sie 2016 zu Microsoft wechselte. "Es geht nicht darum, was wir studiert haben. Es geht darum, was wir lernen wollen", appellierte sie an die Netzwerkerinnen, sich nicht von ihren Zielen abbringen zu lassen.

Eine Botschaft, die "Frauen 100" unterstützt. Das Netzwerk will nach eigener Definition "...*thoughtleader*innen aus Wirtschaft, Politik, Medien, Unterhaltung und Sport" zusammenbringen, einen feministischen Diskurs befördern, Themen setzen und in juristische, politische und gesellschaftliche Realität umsetzen. Janina Hell und Felicitas Karrer, die Gründerinnen, können auf prominente Unterstützerinnen zählen. Die Gästeliste zählt reichlich bekannte Namen auf, darunter die Autorin und SZ-Kolumnistin Jagoda Marinić, die Rennfahrerin Laura-Marie Geissler, Head of Public Affairs bei Airbus DE Claudia Oeking, Riani-Marketing-Chefin Felicitas Gutjahr, Schauspielerin Ursula Karven und ihre Kollegin Uschi Glas, ebenfalls eine Mutmacherin des Abends.

Glas, inzwischen 79 Jahre alt, ist in einer Zeit aufgewachsen, in der "die Mutti noch fragen musste, wenn sie einen neuen Pulli oder Seidenstrümpfe kaufen wollte". Glas habe Mut gebraucht, um ihren Willen durchzusetzen, so nicht leben zu wollen. Sie beeindruckte aber auch mit ihrem Bericht über ihr "großes Baby", den Verein Brotzeit, der täglich in ganz Deutschland 15 000 Grundschulkinder mit einem kostenfreien Frühstück versorgt, damit diese nicht hungrig in den Unterricht gehen. "Wir müssen früh anfangen, die Kinder zu fördern", sagte Glas. Das sei Aufgabe der Gesellschaft, "auch von uns, die wir hier wie die Maden im Speck sitzen."

Das Mohneis auf dem Mandelküchlein mit Zwetschgenragout zum Dessert ließ manche Teilnehmerin schmelzen, um sich bei Glas nach Unterstützungsmöglichkeiten für ihren Verein zu erkundigen. Besser hätten die Netzwerkerinnen den Abend nicht beschließen können.

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