Süddeutsche Zeitung

Forstenried:Rettungsaktion für den Derzbachhof

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Die Stadt nimmt die Eigentümer stärker in die Pflicht und vereinbart mit ihnen eine neuerliche Schädlingsbekämpfung

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Die Stadt München verstärkt ihre Anstrengungen, um den historischen Derzbachhof in Forstenried vor dem Verfall zu retten. Mit den Eigentümern, einer Erbengemeinschaft, wurden jetzt Vereinbarungen getroffen, die das Baudenkmal an der Forstenrieder Allee 179 stabilisieren sollen. "Vorrangig müssen zwingend Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen ergriffen werden", heißt es in einem Schreiben des Referats an den Bezirksausschuss, der dringend um Intervention gebeten hatte. Im Frühjahr, nach der Frostperiode, sollen entsprechende Schritte eingeleitet werden. Eine im Jahr 2005 vorgenommene Heißluftbehandlung sei nach heutigem Forschungsstand nicht mehr ausreichend, um die hölzerne, bereits geschädigte Tragkonstruktion dauerhaft zu schützen. Die neuerliche Bekämpfung der Anobien (Nagekäfer) soll diesmal mittels einer Begasung geschehen. Die Rede ist von "vordringlichem Handlungsbedarf".

Um den Eigentümern einen Anreiz zu liefern, sich umgehend hinter die Sanierung ihres maroden, um 1751 erbauten Bauernhofs zu klemmen, hat das Landesamt für Denkmalpflege flankierend auf die in solchen Fällen üblichen Steuervergünstigungen hingewiesen. Überdies wurde ein genehmigter Vorbescheid aus dem Jahr 2009 für den Neubau eines Mehrfamilienhauses und den Umbau des Bauernhauses in ein Zweifamilienhaus nochmals verlängert, bis 29. Januar dieses Jahres.

Man werde auf die tatsächliche Ausführung der Sanierungsmaßnahmen "konsequent drängen", kündigte das Planungsreferat an. Ausdrücklich weist die Behörde darauf hin, dass es nach dem Denkmalschutzgesetz grundsätzlich Aufgabe der Eigentümer von Baudenkmälern sei, diese "instand zu halten, instand zu setzen und vor Gefährdung zu schützen". Erinnert wird an ein Gespräch mit den Eigentümern des Derzbachhofs im Frühjahr 2014, bei dem die Angelegenheit eingehend erörtert und mitgeteilt worden sei, dass bei weiterem Zuwarten mit Verlusten an der Bausubstanz zu rechnen wäre. Diese hinzunehmen ist die Untere Denkmalschutzbehörde nicht länger bereit. Vor zwei Jahren schon habe Einigkeit über die Notwendigkeit bestanden, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um den weiteren Verfall des "einzigartigen und besonders wertvollen Baudenkmals" zu verhindern. Leider sei dann eine Zeit "längerer Inaktivität der Eigentümer" gefolgt.

Wegen der Probleme mit dem Derzbachhof, der in Forstenried auch unter der Bezeichnung Feichtbauernhof bekannt ist, hatte der Bezirksausschuss 19 im Herbst vergangenen Jahres an die Stadt appelliert, "rechtliche und technische Maßnahmen" zu ergreifen, um das Kleinod im ensemblegeschützten Ortskern von Forstenried vor dem endgültigen Niedergang zu bewahren. Denkmalschützer wie der ehemalige Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Egon Greipl, bescheinigten dem historischen Bauernhof, ein "einmaliges Zeugnis der Münchner Geschichte" zu sein. Dieses vor dem Ruin zu bewahren, dürften notfalls amtliche "Ersatzvornahmen" nicht ausgeschlossen werden, forderte wiederholt der Bezirksausschuss Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln.

Über das Baudenkmal wird mittlerweile seit Jahrzehnten öffentlich diskutiert. Im Gespräch gewesen sind dabei schon die Nutzung als Kindergarten, Heimatkundemuseum oder Wohnhaus. Geschehen ist am Ende jedoch nie etwas, der rustikale Bau mit seinen barocken Elementen im Obergeschoss dümpelt vor sich hin, bedroht vom Zahn der Zeit. Lediglich als malerische Kulisse dient er gelegentlich, etwa für Künstlermärkte und örtliche Feste.

Als Relikt einer Epoche, da Forstenried noch ein echtes Bauerndorf war, stellt der Derzbachhof einen wichtigen Bestandteil des Forstenrieder Ortskernensembles dar. Entsprechend nobel ist die Nachbarschaft mit der Kirche Heilig Kreuz, der historischen Forstdienststelle und der Alten Schule, die schon der Dichter Ludwig Thoma besucht hat.

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Quelle:
SZ vom 19.01.2016
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