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Klage des FC Bayern:6050 Euro für Fußballkarten? Ticket-Händler verliert vor Gericht

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Ein Testkäufer ist dem Unternehmen auf die Schliche gekommen. Nun hat das Landgericht einer Klage des FC Bayern München überwiegend stattgegeben.

Von Andreas Salch, München

Fußballfans haben es derzeit bekanntlich nicht leicht. Seit in den Arenen corona-bedingt nur noch Geisterspiele stattfinden, bleibt nur das Fernsehen. Die Fans schauen in die Röhre. Anhängern des Deutschen Dauermeisters FC Bayern kann dies allerdings auch dann blühen, wenn sie Tickets für Spiele ihrer Roten auf dem Zweitmarkt kaufen. Die haben mitunter nicht nur einen horrenden Preis, sondern bergen auch noch das Risiko, dass man mit ihnen nicht ins Stadion kommt. Das aber teilt das Unternehmen aus Rheinland-Pfalz, das im Internet Tickets für den VIP- und den sogenannten Hospitality-Bereich in der Fröttmaninger Arena verkauft, seinen Kunden nicht mit, wenn sie die begehrten Tickets ordern.

Die Richter der 39. Zivilkammer am Landgericht München I haben das Unternehmen an diesem Montag dazu verurteilt, diese und eine ganze Reihe weiterer äußerst dubioser Geschäftspraktiken nunmehr zu unterlassen. Im Falle einer Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft. Darüber hinaus wurde der Tickethändler unter anderem noch dazu verurteilt, der FC Bayern AG über seine erzielten Gewinne aus dem Verkauf von Eintritts- und Dauerkarten für Spiele des Klubs "vollständige Auskunft" zu geben. Eins zu null für den FCB. Der hatte nämlich Klage gegen das Unternehmen erhoben. Rechtskräftig ist die Entscheidung aber noch nicht.

Schon seit geraumer Zeit hegte man an der Säbener Straße den Verdacht, dass der beklagte Tickethändler über mehrere Internetplattformen Karten für Heimspiele auf dem laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der FC Bayern AG "nicht autorisierten Zweitmarkt" teuer vertickt. Im Februar vergangenen Jahres geriet das beklagte Unternehmen an einen Testkäufer, den die Bayern beauftragt hatten. Für das Viertelfinal-Heimspiel der Bayern in der Champions-League gegen den FC Liverpool am 13. März kaufte der Testkäufer zwei Karten. Regulär kosteten diese je 600 Euro. Der Tickethändler verkaufte sie später aber an den Testkäufer für sage und schreibe insgesamt 6050 Euro netto. Aber das war noch nicht alles.

Der Käufer wurde erst nach Erhalt der Karten in einem Flyer noch dazu aufgefordert zu lügen, sollte er beim Einlass in die Arena kontrolliert werden. "Sehr geehrter Kunde, wir bitten Sie, im Falle einer Befragung", heißt es in dem ominösen Flyer, anzugeben, man sei vom Erstkäufer der Tickets, dem pfälzischen Unternehmen also, "eingeladen" worden. "Da der Endkäufer in Wirklichkeit die Karten zum etwa fünffachen Originalpreis bei der Beklagten erworben hat, entspricht dies in keiner Weise den wirklichen Gegebenheiten", heißt es im Urteil der 39. Zivilkammer.

Der Flyer, in dem die Beklagte "offensiv dazu aufruft" zu lügen, so das Gericht, verstoße gegen die unternehmerische Sorgfalt. Überdies werde den Kunden der Beklagten "wissentlich" verschwiegen, dass die Tickets "nicht zum Zutritt der Veranstaltung berechtigen und der Kunde im Rahmen der Einlasskontrollen lügen muss, um sicher zu gehen, ins Stadion gelassen zu werden." Wüsste der Kunde dies, "hätte er den Kaufvertrag mit der Beklagten nicht abgeschlossen".

Außerdem stellt die auf Unlauteren Wettbewerb spezialisierte 39. Zivilkammer fest, verstoße die Beklagte mit ihrer Praxis, personalisierte Tickets der Klägerin weiterzuverkaufen, gegen die AGB der FC Bayern AG. Darin ist der gewerbliche Weiterverkauf ausdrücklich verboten. Das Gesetz gegen dem Unlauteren Wettbewerb spricht hier von einem "wettbewerbswidrigen Schleichbezug".

Die Tickets, die der Verein verkauft, haben einen QR-Code, eine Warenkorbnummer, einen Strichcode und sind zudem bedruckt mit dem Namen des Käufers. Somit lässt sich feststellen, wer der Erstkäufer war. Sollte man also mehr als 3000 Euro für ein Ticket bezahlt haben, wie für jenes Spiel gegen den FC Liverpool, besteht das Risiko, dass man draußen bleiben muss. Für einen Fußballfan sicher schlimmer als ein Geisterspiel. Es wäre der blanke Horror.

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SZ vom 08.12.2020
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