Süddeutsche Zeitung

FC Bayern München:Als die Mass noch 9,20 kostete

Lesezeit: 2 min

Ewiger Ude, stabile Löwen, gleiche Probleme: Wie München im Jahr 2012 aussah - als die Bayern zum letzten Mal nicht Meister wurden.

Von Philipp Crone

Nur weil der FC Bayern dauernd Meister wird, muss das ja nicht heißen, dass sich in München auch sonst nichts ändert. Wobei man in einer Metropole, die den Ruf der ewiggleichen Riesenkleinstadt genießt, schon ein bisschen genauer hinschauen muss. Da lohnt ein Rückblick auf das Jahr, als die Bayern zuletzt nicht Meister wurden.

Das war 2012, der Rathausbalkon musste keine Hüpfgesänge aushalten und auf dem Marienplatz musste sich niemand eine Genickstarre erbrüllen. Nicht einmal ein Pokalmeisterfeierchen gab es. Stattdessen gewann Dortmund beide Titel und beim "Finale dahoam" in der Champions League dann ausgerechnet nicht das Dahoam-Team, sondern die blauen Engländer aus Chelsea. Was für ein Fußballjahr für den FC Bayern. "Titellos" hätte Helene Fischer singen können, aber ihren Song komponierte sie erst ein Jahr später.

2012 war ein Jahr, in dem die Löwen sogar noch recht stabil in der zweiten Liga kickten, in besagter Saison sogar extrem stabil auf Platz sechs, die letzten 16 Spieltage lang. Und auch sonst war München eben einfach nur München, zwar noch ohne Lastenrowdys und E-Roller-vermüllte Bürgersteige, ohne Wegbier-Menschen und Selfie-Chicks, dafür mit den gleichen Problemen wie heute. Zum Beispiel: Geschäfte in der Innenstadt schließen. Damals traf es Schlecker, heute Conrad. Die Kliniken machten negative Schlagzeilen, der Investitionsbedarf lag 2012 bei 200 Millionen Euro, also dem Gegenwert von vier Lewandowskis.

In Syrien war Krieg, in Europa Krise, im Weltraum Felix Baumgartner und in München Brotskandal. Aber nicht, weil das Mehl knapp wurde oder es coronare Hamsterkäufe gegeben hätte, sondern wegen Müller-Brot.

Oberbürgermeister war noch immer der ewige Christian Ude, allerdings machte sich der nun mittlerweile auch schon wieder leicht ewigende Dieter Reiter langsam bereit, gegen die Grüne Sabine Nallinger und den Schwarzen Josef Schmid in den Wahlkampf zu ziehen. Marode war auch damals schon einiges, wohnen teuer, der Preis für die Wiesnmass (9,20 Euro) ein Aufreger und Kräne ein Daueranblick in der Stadt. Münchens Motto schon damals: Mia sanieren. Damals ging es um die Pinakotheken, heute um den Gasteig. Und es krachte gewaltig, zwar nicht im Stadion an der Grünwalder Straße, die dortige Fliegerbombe konnte entschärft werden, dafür in Schwabing in der Feilitzschstraße, wo eine Weltkriegsbombe zur Explosion gebracht werden musste.

Bei Jubiläen ist ja immer auch die Frage, wie es weitergeht. Wie wird München wohl aussehen, wenn Bayern irgendeines realitätsfernen Tages mal nicht Meister werden sollte. Ist da die U34 endlich bis Würzburg verlängert? Streiken die Flugtaxler wieder? Wird die Eröffnung der vierten Stammstrecke doch noch mal verschoben? Und vor allem: Was für ein Motto-Shirt ziehen die Bayern-Kicker am letzten Spieltag an?

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