Süddeutsche Zeitung

Ermittlungen:Diakon soll Vergewaltigung von Ministrantin gestanden haben

Lesezeit: 2 min

Von Susi Wimmer

Vor wenigen Wochen erst zeigte sich die Deutsche Bischofskonferenz "schockiert" über die Inhalte einer Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, nun erschüttert ein neuer Fall eine Kirchengemeinde - und zwar im Erzbistum München und Freising. Der Fall datiert bereits auf Anfang Mai 2018, wurde aber bis dato nicht bekannt gemacht und erst am Donnerstag von der Münchner Staatsanwaltschaft thematisiert. Es handelt sich um einen 65 Jahre alten Diakon aus München, der während eines Ministrantenausflugs nach Nürnberg eine 15 Jahre alte Ministrantin sexuell missbraucht und vergewaltigt haben soll.

Nach seiner Festnahme, so erfuhr die SZ, soll er sich geständig gezeigt haben. Anne Leiding, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, hat in dieser Sache eine ganz klare Botschaft: "Wir wollen, dass sich die Opfer von sich aus direkt bei uns melden." Dann wisse man, dass die Ermittlungen im Sinne des Opfers geschehen. Aus der eingangs erwähnten Studie, so sagt Leiding, hätte sich ihres Wissens kein einziges Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft ergeben.

Der mutmaßliche Täter im jüngsten Fall ist Diakon in einer kroatischsprachigen Gemeinde in München. "Wir haben ihn sofort entpflichtet", sagt Bettina Göbner, Mitarbeiterin in der Pressestelle des Erzbistums. Der 65-Jährige war verheiratet, ist aber mittlerweile geschieden. Ein katholischer Diakon kann vor seiner Weihe verheiratet sein und dies dann auch bleiben, Ledige hingegen müssen nach der Weihe im Zölibat leben.

Auf der Ministrantenfahrt Anfang Mai dieses Jahres soll sich der 65-Jährige an einer Jugendlichen vergangen haben. Laut Staatsanwaltschaft gibt es Zeugen dafür, dass er der 15-Jährigen während des Ausflugs an die Brust gefasst haben soll. Später soll er sie vergewaltigt haben. Das Mädchen soll sich nach der Ministrantenfahrt sofort seinen Eltern anvertraut haben. Diese erstatteten Anzeige bei der Polizei. Die Beweislast gegen den 65-Jährigen muss erdrückend gewesen sein, denn er wurde sofort in Untersuchungshaft genommen.

Anklage vor dem Amtsgericht München wurde zugelassen

Nahezu zeitgleich entband das Bistum den Diakon von allen Aufgaben. Er sitzt bis dato in Untersuchungshaft, die Anklage wurde vor dem Amtsgericht München zugelassen. Der Fall soll vor einem Schöffengericht verhandelt werden, was bedeutet, dass das Gericht in dieser Zusammensetzung eine Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren aussprechen kann. Der Prozess soll relativ bald terminiert werden.

Das Erzbistum München hatte nach den Missbrauchsskandalen seine Geschichte bis 1945 zurückverfolgt und auf Missbrauchsfälle hin untersucht. "Es ging auch beispielsweise darum herauszufinden, welche Strukturen in der Kirche sexuellen Missbrauch begünstigen", sagt Sprecherin Bettina Göbner. Sobald sich bei der Durchsicht der Aufzeichnungen ein Anfangsverdacht auf strafrechtlich Relevantes ergeben hätte, habe man das sofort an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, sagt Göbner. Man wolle nichts verbergen.

Oberstaatsanwältin Anne Leiding dagegen ist nach eigenem Bekunden kein solches Verfahren bekannt. Nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie habe es viele Anfragen von Medien gegeben, "aber die Studie enthielt keine Anhaltspunkte, nach denen man hätte ermitteln können". Sprich: Die Studie nennt keine Tatzeiten, Tatorte, geschweige denn Tatverdächtige. Das wolle man nicht auf sich beruhen lassen. Im Oktober ging ein Schreiben an die Bistümer in Bayern, in dem die Generalstaatsanwaltschaft "Gesprächsbedarf" in der Sache ankündigt und die Bistümer auffordert, etwaige Straftaten zur Anzeige zu bringen. Nachdem die Bischofskonferenz alle Anstrengungen zugesichert hatte, Fälle sexuellen Missbrauchs aufzuklären, wolle man "die Bischöfe beim Wort nehmen", sagt Leiding. Meldungen seitens der Bistümer habe es nach diesem Brief bislang nicht gegeben.

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Quelle:
SZ vom 01.12.2018
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