Süddeutsche Zeitung

Ökostrom im Landkreis Erding:''Erstaunlich geringe Nachfrage"

Lesezeit: 2 min

Ökostrom ist bei den Stadtwerken in Erding und Dorfen ein Ladenhüter - allen Beteuerungen einer notwendigen Energiewende zum Trotz. Jetzt wird über eine ''Zwangsbeglückung'' der Kunden nachgedacht.

Thomas Daller

Ökostrom ist bei den Stadtwerken in Erding und Dorfen ein Ladenhüter. Es gibt nur eine sehr geringe Nachfrage, und auch die Reaktorkatastrophe in Fukushima hat daran so gut wie nichts geändert. In Erding haben zehn Prozent der Stromkunden vor Fukushima Ökostrom bezogen, nach dem Unglück waren es zwei Prozent mehr. Darunter befindet sich kein einziger Gewerbebetrieb. In Dorfen wird Ökostrom erst seit Beginn dieses Jahres angeboten. Lediglich zehn Kunden haben sich bislang dafür entschieden.

Das Thema kam im Taufkirchener Umweltforum zur Sprache, wo es darum ging, wie die Taufkirchener Gemeindewerke künftig als Stromanbieter auftreten sollten. Die Stadtwerke Erding, die Partner der Taufkirchener Gemeindewerke sind, brachten ihre Erfahrungen dabei ein. Geschäftsführer Walter Huber berichtete, dass beispielsweise die Stadtwerke Mühldorf und Traunstein nur noch Ökostrom anbieten würden.

Dabei stelle sich jedoch die Frage, "ob man die Kunden damit zwangsbeglücken muss", wandte Huber ein. Denn die Erfahrung in Erding habe gezeigt, dass die Nachfrage "erstaunlich gering" sei, obwohl in der Kreisstadt bereits seit Jahren Ökostrom angeboten werde. 30 bis 40 Euro Mehrkosten pro Jahr kämen überschlägig auf den Haushalt eines Einfamilienhauses zu, der sich für Ökostrom entscheide, rechnete Huber vor. Aber nach wie vor werde diese Entscheidung "allein über den Geldbeutel" getroffen.

Auch bei den Stadtwerken Dorfen ist das Interesse der Kunden an Ökostrom gering. Mangels Nachfrage wurde erst im Januar dieses Jahres erstmals ein Ökostromtarif angeboten, sagte Geschäftsleiter Karl Heinz Figl. Zehn Verträge habe man seither abgeschlossen. "Das war nicht der große Run", sagte Figl. Es gebe aber in Dorfen etwa 50 bis 70 Kunden, die in den vergangenen fünf bis zehn Jahren ihren Strom über Partner von Greenpeace oder des International Wildlife Fonds (IWF) bezögen, weil sie selbst dort Mitglied seien und diese Organisationen damit unterstützen.

Darüber hinaus dürfe man nicht vergessen, dass bereits bei den normalen Stromtarifen ein nicht unerheblicher Teil in regenerative Energien fließe, betonte Figl. Allein für die Förderung der erneuerbaren Energien hätten die Kunden erst einen, dann zwei und mittlerweile sogar 3,53 Cent netto pro Kilowattstunden bezahlt. "Das ist deutlich über 15 Prozent, was allein die EEG-Umlage ausmacht", sagte Figl.

Strom in Deutschland verhältnismäßig teuer

Strom sei in Deutschland verhältnismäßig teuer, weil die staatlichen Kosten bei 45 Prozent lägen. Die Stromkosten seien nämlich auch noch mit der Stromsteuer belastet, die der Rentenabsicherung zugeführt werde. Hinzu kämen noch die Kosten für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und die Konzessionsabgabe, die ebenfalls im Strompreis enthalten seien. "Und die Mehrwertsteuer kommt auch noch hinzu." Angesichts dieser staatlichen Preisgestaltung sei es nicht verwunderlich, dass der Geldbeutel bei der Wahl des Stromtarifs für die Kunden nach wie vor den Ausschlag gebe.

In Taufkirchen, wo die Gemeindewerke von 1. Juli an als Stromanbieter auftreten wollen, wird Ökostrom vorerst keine nennenswerte Rolle spielen. Die Gemeindewerke haben an der Leipziger Strombörse sogenannten Graustrom eingekauft, also billigen Strom ohne Herkunftsangabe. "Für Kunden, die Ökostrom haben wollen, können wir Anteile gegen zertifizierten Strom aus erneuerbaren Energie eintauschen", sagte Geschäftsführer Huber.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1091086
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.04.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.