Süddeutsche Zeitung

Debatte im Stadtrat um Dorfener Freibad:So instrumentalisiert man die Ängste der Eltern

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Die CSU hat den Antrag der GAL auf Lärmschutz am Dorfener Freibad diskreditiert. Damit zeigt sie, dass der Kommunalwahlkampf längst im Gange ist.

Kommentar von Thomas Daller

Es ist schon ein starkes Stück, wie insbesondere die CSU den Antrag der GAL auf Lärmschutz am Dorfener Freibad diskreditiert hat. Nach dem Motto: Die Grünen sind nicht nur gegen einen Neubau des Schwimmbads am Stadtrand, sie setzen nun auch noch den Bestand des alten aufs Spiel. Und die CSU beschwört dann auch noch das Bild von weinenden Kindern herauf, die in der nächsten Saison vor dem geschlossenen Freibad stehen. So instrumentalisiert man die Ängste der Eltern, der Kommunalwahlkampf ist längst im Gange.

In dieser Debatte beruft sich die CSU immer wieder auf die Aussage von Rechtsanwalt Gerhard Spieß, schlimmstenfalls könne das Freibad aufgrund von Klagen von Anwohnern geschlossen werden. Aber wie realistisch ist dieses Worst-Case-Szenario? Das Schwimmbad hat Bestandsschutz und die vorliegenden Lärmmessungen unterschreiten die Grenze des Zulässigen. Und wenn man einschätzen will, wie fragil der Bestand von kommunalen Freibädern aufgrund von Lärmschutzklagen ist, ist es sinnvoll, nach Präzedenzfällen zu fragen. Das hat aber im Stadtrat niemand getan.

Nachdem jeder Kuh- und Kirchenglocken-Nachbarschaftsstreit sofort ein großes mediales Echo erfährt, müsste man doch dazu auch etwas finden. Die Süddeutsche Zeitung kann auf eine Pressedatenbank zurückgreifen, die zig Tageszeitungen und Fachmagazine enthält. Darin findet man buchstäblich jeden Sack Reis, der in den vergangenen 30 Jahren irgendwo auf der Welt umgefallen ist. Aber wenn man in die Suchmaske "Freibad Lärm Schließung" in verschiedenen Variationen eingibt, kommt nichts. Komisch, oder?

Nun könnte es allerdings sein, dass die Bäder Schließungen abgewendet hätten, indem sie auf richterliche Weisung riesige teure Lärmschutzwände gebaut hätten. Doch auch das scheint nicht der Fall zu sein. Der Spiegel hat sich mal mit dieser Thematik befasst und ist auf nur einen Fall aus den frühen 1990er Jahren gestoßen, bei dem ein Freibad eine Stunde später öffnen und eine Stunde früher zusperren musste. Und auch dieses Urteil wurde in zweiter Instanz kassiert. Aber Freibadschließungen wegen Lärm? Offenbar Fehlanzeige. Natürlich kann man es nicht in letzter Konsequenz ausschließen, dass das Dorfener Freibad bundesweit das erste wäre, dem so etwas widerfährt. Aber in letzter Konsequenz ist es auch nicht auszuschließen, dass es im Juli in Dorfen schneit. Das ist keine Ausgangsposition, von der man sich leiten lässt. Dieses Szenario ist ein Popanz der CSU, um jedwede Diskussion über den Verbleib des Freibads zu unterbinden. Aber wenn selbst Bürgermeister Heinz Grundner damit rechnet, dass das Freibad noch mindestens acht Jahre in der Stadt bleiben wird, sollte man in dieser Hinsicht wohl einfach mal den Ball flach halten.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2019
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