Süddeutsche Zeitung

Dorfen:Adieu und Chapeau!

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Der Kulturelle Arbeitskreis löst sich nach fast 44 Jahren auf. Seit 1978 hat er 278 Veranstaltungen auf die Beine gestellt

Von Florian Tempel, Dorfen

Es ist das Ende einer Institution. Nach fast 44 Jahren löst sich der Kulturelle Arbeitskreis Dorfen auf. Bei der Jahreshauptversammlung des Vereins ist das bereits mit klarer Mehrheit final beschlossen worden. Nun läuft ein Jahr lang die Liquidation, so brutal und herzlos heißt das im juristischen Jargon. Das Hab und Gut des Vereins muss übertragen oder verkauft werden - es darf nichts übrig bleiben. Vergessen aber wird man den Kulturellen Arbeitskreis so schnell nicht - und die Dorfener werden ihn noch lange vermissen.

Seit 1978 hat der Kulturelle Arbeitskreis eine große Zahl einmaliger und wiederkehrender Veranstaltungen organisiert. Los ging es mit einem sommerlichen Marktplatzfest, mit Blasmusik und "Kinderbelustigungen - Sackhüpfen, Luftballonblasen, Eierlaufen und Tauziehen", wie es damals auf dem Plakat angekündigt wurde. Ein wichtiger Punkt, mehr als nur ein Nebenbei, war eine Ausstellung von Werken Dorfener Künstlerinnen und Künstler in den Räumen der Sparkasse. Das alles kam so gut an, dass der Arbeitskreis mit großem Elan richtig loslegte und eine enorme Bandbreite an Veranstaltungen inklusive Konzerten und Lesungen, Theater und Vorträgen auf die Beine stellte.

Kunstausstellungen waren im Laufe der Jahre eine ganz wichtige Konstante. Die Kirta-Ausstellungen wurde in einer Zeit ins Leben gerufen, als es sonst kaum Gelegenheiten für Kunstschaffende gab, ihre Gemälde, Zeichnungen oder Objekte öffentlich zu präsentieren. Der Arbeitskreis erarbeitete aber auch mehrere große Einzelausstellungen, wie zuletzt eine Retrospektive von Alessandro Kokocinski, der sieben Jahre in Dorfen lebte und mit Ölbildern, Aquarellen und Radierungen immer auch an der Kirta-Ausstellung teilnahm.

Parallel zur Kirta-Ausstellung organisierte der Arbeitskreis den malerischen Haferlmarkt, mit Keramikern aus ganz Bayern. Ein weiteres Highlight und ein echter Publikumsmagnet war natürlich der Christkindlmarkt. Mit den von Annemarie Werhazy bemalten Buden, die die Fassaden der historischen Häuser am Unteren Markt darstellen, war der Dorfener Christkindlmarkt, der ganz unprätentiös nur am zweiten und dritten Adventswochenende stattfand, fraglos einer der schönsten Märkte seiner Art weit und breit.

Für Marktplatzfest und Christkindlmarkt will Bürgermeister Grundner eine Nachfolgeorganisation finden. Einzigartig waren die unvergleichlichen Belcanto-Abende, bei denen Franz Erl an lauen Sommertagen Opernraritäten auf Schellackplatten mit seinem Grammophon präsentierte. Das Publikum lauschte dann, am Marktplatz auf Bierbänken sitzend, der klassischen Musik und Erls Ausführungen. Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass seit 2019 all das nicht mehr stattfinden konnte. Doch es ist nicht so sehr die Folgen des vermaledeiten Virus, dass nun endgültig ein Schlussstrich gezogen wird. Vereinsvorstand Anton Kremser hat den Grund nüchtern in einer Pressemitteilung zusammengefasst: "Dieser Schritt wurde notwendig, weil der Verein nicht mehr über eine ausreichende Anzahl von aktiven Mitgliedern verfügt." Es ist ganz einfach so, erklärt Kremser, dass nur noch elf Aktive dabei sind und von diesen nur zwei unter 60 Jahre. "Wir müssen viel hinlangen", das gehe so nicht mehr.

Natürlich sei das Ende mit Wehmut verbunden, sagt Kremser, "doch es ist auch gut so". Und die Mitglieder des Kulturellen Arbeitskreises können zufrieden und stolz in den Ruhestand treten: Nach 278 Veranstaltungen in fast 44 Jahren. Das war fast jeden zweiten Monat eine. Chapeau!

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Quelle:
SZ vom 14.10.2021
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