Süddeutsche Zeitung

Agrarpolitik:"Wir haben das Gefühl, dass man uns wieder zuhört"

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Landwirte demonstrieren mit ihren Traktoren in Dorfen, Erding und Taufkirchen erneut gegen die Agrarpolitik, allerdings mit weniger Elan als zu Beginn der Proteste. Aber sie wollen weiterhin wachsam sein.

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Bauern protestieren zwar noch, aber mit nachlassendem Elan. Vielleicht war es an diesem Freitag schon das vorerst letzte Mal. In Dorfen, Erding und Taufkirchen kamen Landwirte mit ihren Traktoren zu Demofahrten zusammen. In Erding waren es etwa 50, in Dorfen weniger als 40. Der Bauernverband hatte für Freitag deutschlandweit zu lokalen Aktionen aufgerufen. Doch Resonanz und Beteiligung waren gering, verglichen mit der Wucht der Proteste Anfang des Monats.

"Wir wollten heute noch mal das Signal setzen, dass wir noch mobilisieren können", sagte der Dorfener Landwirt und Stadtrat Johann Winkler, der in Dorfen die Tour durch und um die Stadt herum als Versammlungsleiter anführte. Die stundenlange Fahrt der Traktoren wurde zwar von der Polizei begleitet, aber die Demonstrierenden hatten diesmal keinerlei Sonderrechte. Das wurde vor der Abfahrt deutlich angesprochen: Alle mussten an roten Ampeln halten, es gab kein Vorfahrtrecht und wildes Hupen war auch nicht angesagt.

Die Kolonne der Traktoren, die am Bahnhof startete, wurde schon beim Einbiegen auf die B15 auseinandergerissen. Autos, Busse und Lastwagen reihten sich zwischen den Bulldogs ein. Das mag den Einzelnen eine Weile genervt haben, allgemeines Aufsehen erregte die Protestfahrt der Bauern und Bäuerinnen aber nicht. Am meisten vielleicht noch, als die Traktoren am Dorfener Kindergarten Pfiffikus vorbeifuhren. Nicht wenige Kinder standen am Zaun und freuten sich mächtig, so viele Bulldogs hintereinander zu sehen.

Bei der großen Demo auf dem Volksfestplatz in Erding waren vor drei Wochen 750 Traktoren aus dem ganzen Landkreis zusammengekommen. Wenige Tage darauf waren etwa 500 Bäuerinnen und Bauern nach München gefahren. Die Demofahrten an diesem Freitag gingen nicht mehr mitten durch die Innenstädte. Die Routen verliefen auf den Durchgangsstraßen und in großen Bögen außen herum.

Jakob Maier, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und Landwirt aus Oberding, war am Freitagnachmittag auf einer Traktor-Demo durch und um Erding dabei. Er sagte der SZ, es sei vor allem darum gegangen, vor der finalen Abstimmung über den Bundeshaushalt - und damit auch über die teilweise Streichung der Agrardieselrückerstattung - Präsenz zu zeigen.

Das "offizielle Ziel" des Bauernverbands bleibe zwar die vollständige Rücknahme der Sparpläne der Bundesregierung. Doch die Bäuerinnen und Bauern seien Realisten: "Jeder weiß, dass es einen Kompromiss geben wird und muss." Nachdem man durch die massiven Proteste bereits einen Erfolg erzielt habe - die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen wurde von der Bundesregierung zurückgenommen -, setzte man nun vor allem auf Verhandlungen. Der Dorfener Johann Winkler sieht das genauso. "Wir haben schon einen gewissen Erfolg gehabt und wir wissen alle, dass man im Leben nicht alles bekommt, was man sich wünscht."

BBV-Kreisobmann Maier sagte, neben der zumindest teilweisen Rücknahme der Regierungspläne, sei noch etwas erreicht worden: "Das Thema Landwirtschaft ist in den Schlagzeilen gewesen und es hat eine Diskussion begonnen. Wir haben zumindest das Gefühl, dass man uns wieder zuhört." Wesentlich sei nun vor allem, wie es mit der EU-Agrarpolitik weitergehe und wohin sie sich entwickle. Man habe zudem bereits beim BBV-Ortsobmänner-Treffen vor zwei Wochen "unisono" festgestellt, dass Bauern nicht nur demonstrieren müssen, denn alle hätten Besseres zu tun: "Jeder hat einen Hof und jeder hat seine Arbeit."

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