Süddeutsche Zeitung

Ehemalige Staatsbauschule:Widerstand der Architekten

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Die Studenten wollen den traditionsreichen Komplex an der Karlstraße nicht verlassen. Sie schlagen vor, das Haus zum Zentrum für Baukultur im Kunstareal der Maxvorstadt umzubauen

Von Alfred Dürr, Maxvorstadt

So heftig wie in diesem Fall haben sich in den vergangenen Jahren noch keine Studierenden und ihr Lehrpersonal gegen einen geplanten Umzug gewehrt: Die Fakultäten für Architektur, Bauingenieurwesen und die Geowissenschaft der Hochschule München sollen den traditionsreichen Komplex der ehemaligen Staatsbauschule an der Karlstraße verlassen und künftig in einem Neubau auf dem Hochschulcampus an der Lothstraße unterkommen. Die angehenden Architekten bedauern den drohenden Verlust ihres denkmalgeschützten Hauses, das sie als "Maßanzug" für ihre Ausbildung und Arbeit sehen. Sie wehren sich gegen die Veränderung, aber sie blicken auch in die Zukunft. Nun rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie die Immobilie an der Karlstraße weiter genutzt werden soll.

Während sich bei den Fakultäten Bauingenieurwesen und Geowissenschaft kein Widerstand gegen den Umzug regt, wollen die Architekten unbedingt an der Karlstraße bleiben. Das Gebäude könne durch eine Kombination kreativer Nutzungen zu einem Zentrum für Baukultur im Kunstareal der Maxvorstadt werden, schlagen die Masterstudenten Lucia Maier und Thomas Holzer in einer Studienarbeit vor. Sie finden dafür breite Unterstützung im Haus.

"Die Karlstraße" eröffne die Chance, jungen Kreativen und motivierten Kunst- und Kulturschaffenden mit ihren Gestaltungs- und Geschäftsideen eine Plattform der Aufmerksamkeit zu verschaffen, heißt es in der Studie. Platz finden könnten in dem Haus auch innovative Firmen, Institutionen und Forschungsprojekte in den Bereichen Architektur und Baukultur. Vom Zusammenspiel verschiedener Arbeits- und Ausbildungsrichtungen profitierten dann nicht nur die Hochschule München, Kulturschaffende und die Öffentlichkeit, sondern die gesamte Kulturlandschaft der Stadt.

Der Freundeskreis der Architekturschule, dem namhafte Persönlichkeiten aus der Architekturszene angehören, verweist in einer noch nicht behandelten Petition an den Landtag auf die besondere Bedeutung des Baus in der Maxvorstadt. Der Häuserblock im Bereich Karlstraße, Otto- und Barerstraße gilt als eines der wichtigsten Zeugnisse der Nachkriegsarchitektur in München. Der in den Fünfzigerjahren von Franz Ruf, Adolf Peter Seifert und Rolf ter Hearst entworfene Komplex sei speziell für die Bedürfnisse einer Architekturfakultät gebaut worden, heißt es in der Petition.

Auch nach heutigen Anforderungen gilt das Haus wegen seiner Raumqualitäten als ideal geeignet für die Ausbildung von Architekturstudenten.

Einen weiteren Aspekt hebt die Petition hervor: Die Architekturschule vertrete zusammen mit der Architekturfakultät der Technischen Universität, dem angeschlossenen Museum, dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte, dem Bund Deutscher Architekten in Bayern sowie mit der Architekturgalerie - beide befinden sich an der Türkenstraße - die Belange der Baukultur im Kunstareal.

Die Proteststimmung herrscht schon seit Längerem an der Karlstraße. Auch nach einem Wechsel an der Spitze der Hochschule München zeichnet sich dort keine Kurskorrektur ab. Demnach wird es wohl einen Neubau auf dem künftigen Campus an der Lothstraße geben. Alle drei Baufakultäten hätten dann mehr Platz und bessere Arbeitsbedingungen für Lehre und Forschung, heißt es. Außerdem könne man Synergieeffekte mit dem künftigen Wohn- und Kreativquartier in der unmittelbaren Nachbarschaft nutzen.

Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) unterstützt ausdrücklich die Umzugspläne der Hochschule. Es gibt von ihm noch keine Auskunft darüber, wie es dann an der Karlstraße weitergehen würde. Das Haus liege ihm am Herzen, und vielleicht könnten manche Institutionen aus dem Kunstareal dort ihren Platzbedarf decken, ließ er einmal verlauten.

Auch eine andere Option ist in der Diskussion: Abriss und Neubau an der Karlstraße. Aber sie ist unwahrscheinlich. Bereits 2011 hatte die Stadt planungsrechtlich einem solchen Vorhaben einen Riegel vorgeschoben. Sie wollte damals schon den Erhalt und die Weiterentwicklung des Gesamtkomplexes für forschungs- und wissenschaftsnahe Nutzungen sichern. Berücksichtigt werden müssten dabei die Belange des Denkmalschutzes sowie der stadträumlichen und historischen Zusammenhänge. Die Vorschläge der Studierenden zeigen, dass es nicht an Ideen mangelt, wie das Haus auch künftig mit kulturell geprägtem Leben erfüllt werden kann.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2016
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