Süddeutsche Zeitung

Bahnhof Zorneding:Wenn das Warten sich lohnt

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Beim Umbau des Zornedinger Bahnhofsvorplatzes geht weiterhin kaum etwas voran - davon könnte die Gemeinde nun aber sogar profitieren.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Gut Ding will bekanntlich Weile haben - manchmal kann die Weile selbst aber auch Gutes mit sich bringen, so wie beim geplanten Umbau des Zornedinger Bahnhofs. Zwar steht das neue Gebäude dort bereits, weil die Gemeinde aber weiterhin auf eine Freigabe durch die Deutsche Bahn wartet, geht auf dem Vorplatz bisher nicht wirklich viel voran. Diese Verzögerung könnte nun aber sogar gewisse Vorteile mit sich bringen. Den verzögerten Baubeginn nämlich will die Gemeinde zusammen mit der Bahn-Tochter "Smart City" dazu nutzen, den Vorplatz im Vergleich zur ursprünglichen Planung ökologisch aufzuwerten. Dank der höheren Förderung würde sich Zorneding dadurch sogar Geld sparen - und ganz nebenbei einen kompletten Vorzeigebahnhof bekommen.

Zumindest das Wartegebäude ist durch seine klimafreundliche Holzbauweise bereits jetzt ein Referenzbauwerk für kleinere Bahnhöfe in Deutschland. Nun könnte auch der Vorplatz zu einem Musterbeispiel dafür werden, wie sich urbane Räume an den Klimawandel anpassen lassen. Der Vorplatz soll demnach als sogenannte Schwammstadt geplant werden. Das bedeutet, dass Regenwasser als Ressource für die Hitze- und Dürreversorgung genutzt werden kann. Dieses soll nach starken Regenfällen durch die topografische Gestaltung zwischengespeichert und schließlich zur Bewässerung der Vegetation genutzt sowie verdunstet werden. Das Konzept setze auf naturbasierte Lösungen der Regenwasserbewirtschaftung, heißt es in einer Stellungnahme der Gemeinde. Und weiter: "Mit der neuen Platzgestaltung wird auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet."

Wobei Gestaltung eigentlich nicht ganz das richtige Wort ist, denn rein optisch soll sich durch das neue Konzept wenig ändern, wie Johannes Stenzel vom Zornedinger Bauamt in der jüngsten Gemeinderatssitzung erklärte. Die Möglichkeit zur Planänderung habe sich überhaupt erst dadurch ergeben, weil die Bahn der Gemeinde immer noch keine Kabelfreigabe für den Umbau gegeben hat, oder wie Stenzel sagte: "Wir können nicht weitermachen." In der Zeit des Wartens habe sich dann aber der Kontakt zu Smart City ergeben - eine Firma, die spezialisiert ist auf die klimatechnische Anpassung von Bahnhofsvorplätzen. Anhand der Zornedinger Station solle das nun beispielhaft erprobt werden, wie es vonseiten der Gemeinde heißt. Sie wäre dann ein erstes Referenzobjekt.

Die Gemeinde selbst hat bei der ganzen Sache wenig zu verlieren, wie auch Stenzel erklärte: "Unsere Bedingung war, dass sich die Optik nicht verändern soll und es nicht mehr Geld kosten darf." Besonders letztere Prämisse scheint sich nun mehr als zu erfüllen. Dank eines vom Bundesamt für Bauwesen aufgelegten Fördertopfes könnte der Umbau des Bahnhofs die Gemeinde deutlich günstiger kommen, als bisher angenommen. Bei der ursprünglichen Planung hätte das Rathaus für den Umgestaltung des Vorplatzes sowie für den Bau der Fahrradständer rund 760 000 Euro zahlen müssen. Durch die klimaangepasste Umgestaltung wären es dagegen nur noch 360 000 Euro. Ob das so klappt, hängt an der Bewilligung des Förderantrags, wie Stenzel sagte. Diesen habe man zwar bereits eingereicht, bisher aber noch keine Rückmeldung bekommen.

Bei den Zornedinger Gemeinderäten kam die neue Planung fast durchweg gut an. "Wenn man mit dem Konzept etwas verbessern kann und auch noch weniger dafür zahlen muss, dann ist das doch optimal", sagte etwa Jutta Sirotek (CSU). Wilhelm Ficker (FWG) lobte, der neue Plan sei der Klimakrise angepasst. Auch Moritz Dietz (Grüne) stimmt in die Lobeshymne mit ein - eine super Sache sei das und er hoffe sehr, dass es klappt. Der Dritte Bürgermeister regte in dem Zusammenhang noch an, womöglich eine frei zugängliche Trinkwasserstelle am Bahnhof einzurichten. Eine solche würde sich angesichts der heißen Sommer an dieser Stelle gut machen, so Dietz.

Etwas auf die Euphoriebremse trat derweil Robert Strobl (CSU), der unabhängig von der neuen Planung darüber klagte, dass die Gemeinde inzwischen weit über drei Millionen Euro in den Bahnhof "versenkt" habe. "Ich finde es Wahnsinn, das Geld so rauszuhauen und nicht mehr dafür zu bekommen", sagte Strobl mit Blick auf das zwar ökologisch hochwertige, dafür jedoch nicht allzu große Bahnhofsgebäude. Es handele sich hierbei immer noch um Steuergelder, gab der CSU-Gemeinderat zu bedenken - egal, ob letztlich die Gemeinde oder die Bahn selbst dafür bezahle.

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