Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Letzte Partie

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Walter Rädler gibt den Vorsitz im Schachclub Vaterstetten ab.

Von Alina Schimansky, Baldham

Ein Brett mit 32 dunklen und 32 hellen quadratischen Feldern. Dazu Bauern, Springer, Dame, König und weitere Figuren: So sieht Walter Rädlers Spielwiese aus. "Irgendwann wollte mein Vater nicht mehr mit mir Schach spielen, ich glaube, er hat zu oft verloren", erzählt der 49-Jährige.

Bereits im Alter von sechs Jahren hat der Baldhamer seine erste Partie gegen seinen Vater gespielt. Seit diesem Zeitpunkt begleitet ihn der Denksport durchs Leben. Nun gab er seinen Vorstandsposten im Schachklub Vaterstetten-Grasbrunn an den 23-jährigen Moritz Heimbächer ab. "Es gibt so viele junge talentierte Spieler in unserem Verein, da war es an der Zeit, den Platz zu räumen", sagt Rädler zufrieden. "Ich habe mit dieser Entscheidung ja nicht beschlossen, das Schachspielen aufzugeben", sagt Rädler.

Natürlich sei er weiterhin im Verein tätig und wurde sogar einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Wenn er, von Beruf Lehrer, nicht gerade die Schüler der Grundschule in Kirchseeon unterrichtet oder die Jugend im Schach trainiert, schaut er am liebsten Fußball. "Ich bin ein Fan vom TSV 1860 München, damals habe ich auch gerne Fußball gespielt", erzählt Rädler. Doch Schach wurde zu seinem Lieblings-Hobby.

Er hat sogar schon mit Garri Kasparow gespielt

Bereits im Alter von 14 Jahren hat er seinerzeit für den Obermenzinger Schachverein bei der Jugendmeisterschaft in Schweinfurt teilgenommen und mit seinem Team den dritten Platz belegt. "Eines meiner schönsten Erlebnisse im Schachsport war die Teilnahme an einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Ebersberg für die Kinderkrebshilfe", erinnert sich der Baldhamer. Er durfte damals gegen den russischen Schachweltmeister Garri Kasparow antreten, leider hätte es aber nur für ein Remis gereicht, erzählt Rädler mit einem Schmunzeln. Kasparow hätte gleich zu Beginn der Partie einen kleinen Fehler gemacht. "Er spielt noch mal ein ganz anderes Schach, nicht umsonst ist er Weltmeister gewesen", sagt Rädler.

Obwohl sein Schachbrett bei ihm im Wohnzimmer aufgebaut sei und somit jeder Zeit zu einer Partie bereit stehe, kommt er immer seltener dazu, selber zu spielen. "Momentan fehlt mir einfach die Zeit." Seine Schachkontakte jedoch pflegt er. "Auf Facebook bin ich noch mit Xaver Neuhäusler befreundet", erzählt er. Xaver war vor 13 Jahren ein ganz besonderer Schachschüler von Rädler, als dieser noch an der Grundschule in Frauenneuharting unterrichtete. Schnell erkannte der Lehrer das besondere visuelle Talent des damals Zehnjährigen, der dann mit einer Kinderwette bei "Wetten dass ..." antrat. "Ziel war es, alle Felder des Schachbrettes mit dem Springer abzuklappern", berichtet Rädler. Der Bub aus Jakobneuharting schaffte das spielend und durfte zur Belohnung den Torwart-Titan Oliver Kahn in München beim Training an der Säbener Straße treffen.

Dabei ist es für Rädler noch nicht einmal der Reiz des Gewinnens, der das Schachspiel attraktiv mache. Spannend sei für ihn, dass man nicht wisse, wie es ausgeht. "Schach ist eine gute Mischung aus einfach und kompliziert." In Rädlers Klasse spielen alle Schüler Schach, denn es ist schwer, der Leidenschaft Rädlers zu entkommen. "Schach spielen fördert eben auch die Konzentration", sagt er. Und das sei schließlich nicht unwichtig in der Schule. Dass es ihm selber daran nicht fehlt, hat er bereits bei der Bayerischen Meisterschaft als Zweitplatzierter und mehrmals bei der Münchner Meisterschaft unter Beweis gestellt.

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SZ vom 10.02.2016
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