Süddeutsche Zeitung

Verkehr in Vaterstetten:Warten auf die Warteliste

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Die Grünen im Vaterstettener Gemeinderat schlagen vor, die umstrittene Ortsumfahrung Parsdorf-Weißenfeld aus der Finanzplanung zu nehmen. Die Mehrheit hält das für verfrüht.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Gute Idee aber falscher Zeitpunkt. Mit diesen fünf Wörtern lässt sich die jüngste Debatte im Vaterstettener Gemeinderat zum Thema Ortsumfahrungen zusammenfassen. Die an sich gute Idee war der Antrag der Grünen, das Projekt auf die Warteliste zu setzen, der Mehrheit im Gremium kam dies aber zu früh. Dass die Straße im Laufe des Jahres indes doch noch auf der Warteliste landet, ist gar nicht unwahrscheinlich.

Dass die Grünen zusammen mit den Freien Wählern die Umgehungsstraßen-Opposition im Gemeinderat bilden, ist nicht neu, dementsprechend oft kamen aus beiden Fraktionen in den vergangenen Jahren Vorstöße, das Projekt zu verkleinern oder ganz zu beenden. Im Vergleich dazu ist der aktuelle Antrag sogar eher zurückhaltend: Anstatt die Umfahrung ersatzlos zu streichen, wie auch schon mehrmals gefordert, ging es diesmal lediglich darum, das Vorhaben aus der Finanzplanung der kommenden Jahre zu nehmen und auf die Warteliste zu setzen.

Diese wurde im vorvergangenen Jahr eingeführt zusammen mit dem Agenda 2030 genannten Sanierungs- und Investitionsprogramm der Gemeinde. Damit sollen Projekte, die sich derzeit nicht finanzieren lassen, aber schon einen gewissen Planungsstand erreicht haben, nicht komplett verworfen werden müssen, aber aus der aktuellen Finanzplanung genommen und gegebenenfalls auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Erster Kandidat für die Liste wurde Ende 2022 das gemeindliche Wohnbauprojekt an der Dorfstraße - und auf dieses nahmen die Antragsteller nun auch Bezug.

Die Antragsteller verweisen darauf, dass die Straße nicht finanzierbar sei

Denn bezahlbarer Wohnraum sei für die Gemeinde viel wichtiger als die Straße, so Stefan Ruoff, und wenn man dieses derzeit nicht finanzierbare Vorhaben auf die Warteliste setze, könne man das mit der Umgehung auch tun, schließlich sei dafür auch kein Geld da und das werde sich angesichts teurer Großprojekte wie die Geothermie auch nicht ändern. "Leider sprudeln die Einnahmen aus Parsdorf auch nicht so, wie wir uns das erhofft hatten", so Ruoff weiter - wobei das derzeit auch nicht zu erwarten ist, eine 2019 vorgelegten Prognose zum neuen Gewerbegebiet geht davon aus, dass die Ansiedlung von BMW und Krauss-Maffei erst gegen Ende des Jahrzehnts nennenswert auf den Haushalt durchschlägt.

Katrin Pumm, die für den erkrankten Grünen-Fraktionschef Axel Weingärtner den Antrag vorstellte, verwies auch auf die Pläne der Autobahn GmbH. Diese hatte im vergangenen Frühjahr vorgestellt, wie der Ausbau der A 99 laufen könnte, dabei ist auch ein Umbau der darunter verlaufende Kreisstraße EBE4 beziehungsweise M18 nötig. Je nachdem wie weit diese nach Süden verschwenkt werden kann, könnte sie eine Art Umgehung für Weißenfeld werden - ähnlich jener, die Ende der 1980er-Jahre schon einmal vom Landkreis Ebersberg geplant war. Zudem gehe es um Transparenz in der Finanzplanung: "Die Realisierung der Ortsumfahrungen ist unwahrscheinlicher als je zuvor."

Die Mehrheit will erst einmal den Entscheid des Verwaltungsgerichtes abwarten

Zumindest dieser Aussage wollte im Gremium niemand widersprechen - wohl aber dem Ansinnen, die Umgehung auf die Warteliste zu setzen, zumindest jetzt schon. SPD-Fraktionschef Josef Mittermeier verwies darauf, dass im immer noch keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vorliegt. Dort hatten mehrere Landwirte geklagt, die für die Straße Grund hergeben müssten. Sollte das Gericht endlich eine Entscheidung treffen - die Sache liegt dort schon seit 2020 - müsste eine solche dann auch im Gemeinderat fallen, "da ist es besser, wenn es in der Planung bleibt".

Darauf verwies auch CSU-Fraktionschef Michael Niebler. Die Planungen liefen immerhin seit mehr als 30 Jahren, "das geht mir jetzt zu schnell, einfach zu sagen, es ist uns egal, wie das Verfahren ausgeht". Zwar könne man das Vorhaben jederzeit von der Warteliste nehmen - allerdings mit deutlichem Mehraufwand, als es etwa im Fall der Wohnungen der Fall sei, wo die Gemeinde der einzige Akteur ist. Zum jetzigen Zeitpunkt habe eine Verschiebung auf die Warteliste ohnehin keine konkreten Folgen.

Er verwies auch auf einen Beschluss des Gemeinderates zur Umfahrung, wonach "wir keinen Euro investieren, bis das Gericht entschieden hat". Sollte diese Entscheidung negativ ausfallen "ist es eh weg", andernfalls "müssen wir uns sorgfältig positionieren, was wir mit der Planung machen". Dass man sich die Straße zumindest derzeit nicht leisten kann, räumte auch Niebler ein: "Es ist sicher schwierig mit der Finanzierung." Die jüngste Kostenschätzung vom April vorigen Jahres liegt bei 46,8 Millionen Euro, mehr als doppelt so hoch, wie bei Beginn des Planfeststellungsverfahrens.

Noch offen ist, ob eine verlegte Kreisstraße EBE4 die Umfahrung ersetzen kann

"Sympathie für den Antrag", äußerten sowohl Zweite Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD) wie auch FDP-Fraktionschef Klaus Willenberg, beide sprachen sich aber auch dafür aus, der Gemeinderat solle sich erst mit der Angelegenheit beschäftigen, wenn das Gerichtsurteil da ist. Ein Vorgehen, das auch Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) befürwortete: "Wenn Klarheit da ist, müssen wir es behandeln."

Wann es in der Gerichtssache soweit ist, lässt sich laut Bauamtsleiterin Brigitte Littke noch nicht sagen. Aber zumindest die Autobahn will bis Mitte des Jahres geprüft haben, ob sie für einen Umbau der Kreisstraßen zuständig sind, also die Verlegung der EBE4 überhaupt machen darf.

Gegen die Stimmen der Grünen, der Freien Wähler und Wolfgang Schermann (SPD-Fraktion, bis 2020 Freie Wähler) wurde der Antrag der Grünen abgelehnt.

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