Süddeutsche Zeitung

Vaterstetten:Ab die Post

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Die Gemeinde Vaterstetten will die Parsdorfer Traditionsgaststätte kaufen - wenn der Preis stimmt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Gastronomie gehört zwar nicht unbedingt zu den Kernaufgaben einer Kommune, doch in Vaterstetten wird man jetzt Wirt - oder zumindest Wirtshausbesitzer. Der Gemeinderat hat nun Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) einstimmig beauftragt, mit der Kirche über einen Kauf der seit 2014 leer stehenden Traditionsgaststätte Alte Post in Parsdorf zu verhandeln. Wie viel Geld dem Rathauschef dabei zur Verfügung steht, wurde zwar nur im nichtöffentlichen Teil der Sitzung verhandelt. Sicher ist aber schon jetzt, dass es der Gemeinde so gehen wird wie manch zu durstigem Zecher: Sie wird einen Haufen Geld im Wirtshaus lassen.

Die Gemeinde bemüht sich schon länger um eine Rettung des Wirtshauses, das es immerhin schon seit gut 500 Jahren gibt. So hatte man der Kirche zunächst angeboten, das Grundstück samt Gaststätte gegen ein anderes einzutauschen, jenes neben der Parsdorfer Feuerwehr, wo jetzt noch der alte Kindergarten steht. Da dieses aber etwas größer ist, und sich die Gemeinde diese Differenz hätte auszahlen lassen wollen, worauf die Kirche nicht einging, scheiterte das Geschäft.

Es ist von einem Preis von knapp unter einer Million Euro die Rede

Ebenfalls im Gespräch war eine Erbpachtlösung, eine Sonderform der Pacht, wobei das Gebäude ins Eigentum der Gemeinde übergegangen, der Grund aber bei der Kirche geblieben wäre. Hier war es die Gemeinde, die abwinkte, die 30 000 Euro Pacht pro Jahr plus die Ablöse für das Gebäude in Höhe von 400 000 Euro machten das Geschäft nicht attraktiv. Darum strebt man nun einen Erwerb der Wirtschaft an.

Vor der Beratung über die Zukunft der Alten Post schärfte Reitsbergers Büroleiter Georg Kast den Gemeinderäten ausdrücklich ein, Disziplin zu wahren und in der Hitze der Debatte keine konkreten Zahlen auszuplaudern, mit denen man in die Verhandlung gehen will. Ungefähr sind diese allerdings bekannt, im August stellte sich heraus, dass die Kirche mit Privatleuten über einen Verkauf verhandelt, damals war von einem Preis von knapp unter einer Million Euro die Rede. Höchstwahrscheinlich wird die Gemeinde versuchen, diesen noch deutlich zu drücken - und hat dabei wohl auch gute Karten.

Denn zwar ist das Grundstück mit 1531 Quadratmetern nicht gerade klein, was sich darauf befindet ist nach Meinung eines von der Verwaltung bestellten Gutachters aber nicht länger als Haus, sondern als "Abbruchobjekt" einzustufen. Da man das Gebäude aber eben nicht abreißen, sondern unbedingt erhalten will, dürfte der Kaufpreis noch die kleinste Ausgabe für das Vorhaben sein.

Am Brandschutz hapert's

Laut der Experten vom Ingenieurbüro Zeckser aus München wird die Behebung der Brandschutzmängel und sonstiger erheblicher Bauschäden bestenfalls 648 000 Euro, im ungünstigsten Fall sogar bis zu 2,4 Millionen Euro kosten.

Diese Aussichten wirkten auf die Gemeinderäte aber nicht abschreckend - im Gegenteil. Fraktionsübergreifend wurde die Bedeutung der Alten Post betont, man solle auf jeden Fall versuchen, sie zu retten, meinte Axel Weingärtner (Grüne), wenn auch nicht um jeden Preis. Ein Risiko sei sicher dabei, meinte Herbert Uhl (FW) nannte dieses aber "vertretbar".

Die Post sei immerhin "ein historisches Juwel", sagte Manfred Schmidt (FBU/AfD), von denen gebe es in der Gemeinde nicht mehr viele; und Sepp Mittermeier (SPD) betonte, dass es auch wichtig sei, den großen Saal der Wirtschaft endlich wieder benutzbar zu machen, dieser habe eine "erhebliche Bedeutung" für Parsdorf.

Auch eine Idee, wie es mit der Gaststätte weitergehen könnte, gibt es bereits: Bürgermeister Reitsberger erinnerte an den 200. Geburtstag der Gemeinde Parsdorf im Jahr 2018, den man sicher gebührend begehen werde: "bis dahin sollte die Alte Post fertig sein."

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SZ vom 19.09.2016
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