Süddeutsche Zeitung

Rechtspopulistische Äußerungen:Wer zündelt, muss gehen

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Die Ortsvorsitzende der Zornedinger CSU, Sylvia Boher, stuft Flüchtlinge als Menschen zweiter Klasse ein. Mit derartigen Äußerungen gegen Flüchtlinge hat sie sich politisch disqualifiziert.

Kommentar von Isabel Meixner

Nein, es ist kein "kritisches Hinterfragen" der Flüchtlingspolitik, das die CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher in der aktuellen Ausgabe des Zorneding-Reports betreibt. Es ist eine boshafte und haltlose Hetze gegen Flüchtlinge, ein niveauloser Versuch, die Bedürfnisse der Asylsuchenden gegen die anderer Bedürftiger in Deutschland auszuspielen und mit falschen Darstellungen Ressentiments hervorzurufen.

Da kann Boher noch so oft am Anfang ihres Pamphlets betonen, dass sie nur anmerkt und keine eigene Meinung äußert. Wer derart verbal aufrüstet, zeigt deutlich, wo er beziehungsweise sie steht. Und das ist deutlich rechts. Zu rechts, als dass Boher für eine Partei noch tragbar ist, die für sich die Prädikate "christlich" und "sozial" in Anspruch nimmt.

Boher stuft die ankommenden Flüchtlinge pauschal als Menschen zweiter Klasse ein und verwehrt ihnen staatliche Hilfe, die - so Bohers Argumentation - auch die Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erhalten haben. Sie wirft der Politik auch vor, deutsche Staatsbürger blieben auf der Strecke. Doch wurden seit Beginn des Flüchtlingszustroms die Sozialleistungen gekürzt? Nein. Ein Asylbewerber erhält monatlich 325 Euro, das liegt rund 75 Euro unter dem, was Sozialhilfeempfänger erhalten. Selbst wenn kein einziger Asylbewerber nach Deutschland käme, hätten Hartz-IV-Empfänger, Senioren mit magerer Rente oder alleinerziehende Eltern keinen Cent mehr in der Tasche.

Argumente für ihre Meinung liefert sie keine

Aber an einer produktiven Diskussion ist Sylvia Boher nicht interessiert, Argumente für ihre Meinung liefert sie keine. Stattdessen schürt sie eine Neiddebatte mit zynischen Aussagen wie der, dass "wir solidarisch mit der Welt sind und erst die Armut der Welt lindern müssen, bevor wir etwas für unsere eigenen Bürger tun".

Sicher, es gibt in Teilen der Bevölkerungen Ängste wegen der aktuellen Situation. Diese kann man auch äußern, aber nicht in dieser Form. Natürlich kann man kritisieren, dass Turnhallen als Notunterkünfte in Beschlag genommen werden. Natürlich kann man sich darüber aufregen, dass die Bearbeitung der Asylanträge so lange dauert. Von einer Gemeinderätin und Ortsvorsitzenden einer gemäßigten Partei muss man aber erwarten können, dass sie keine rechten Stammtischparolen ins Blatt rammt. Dass sie Fehler und Regelungen in der Flüchtlingspolitik den Verursachern dieser Politik anhaftet und nicht den ebenfalls Betroffenen, den Flüchtlingen. Und vor allem, dass sie Fakten verbreitet, anstatt mit Lügen die Bevölkerung aufzuhetzen. Kann sie das nicht, hat sie in der Politik nichts verloren.

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Quelle:
SZ vom 14.10.2015
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