Süddeutsche Zeitung

Reaktion auf Boher-Kommentar:Kirchtürme sollen von CSU-Blatt runter

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Zornedings Pfarrgemeinderat fordert in einem offenen Brief die Kenntlichmachung, wer den "Zorneding Report" herausgibt.

Von Carolin Fries, Zorneding

Mit deutlichen Worten hat sich der katholische Pfarrgemeinderat in Zorneding an den Vorstand der örtlichen CSU gewandt. In einem offenen Brief bitten die elf Mitglieder darum, "anstelle der abgebildeten Kirchtürme unserer Pfarrgemeinden St. Martin und St. Georg deutlich den Schriftzug CSU-Zorneding in die Kopfzeile" des "Zorneding Reports" zu schreiben.

In der aktuellen Ausgabe des örtlichen Parteiorgans hetzt die Ortsvorsitzende Sylvia Boher gegen Flüchtlinge, schimpft über die Hilfsbereitschaft vieler Deutscher und Politiker und sieht die Gefahr eines Gottesstaats. Der Ortsvorstand hat sich nach einer außerordentlichen Sitzung hinter Boher gestellt und "letztendlich geschlossen die braune Gedankenwelt hinter dem Artikel von Dr. Sylvia Boher akzeptiert", wie der Pfarrgemeinderat schreibt. Auf dem Titelblatt müsse deshalb unmissverständlich angegeben sein, "wessen Geisteshaltung hier verbreitet wird".

Auf dem Titelblatt fehlt jeglicher Hinweis auf die CSU

Tatsächlich fehlt auf dem Titelblatt des "Zorneding Reports" seit jeher ein Hinweis, dass es sich um ein Informationsblatt des CSU-Ortsverbandes handelt. Stattdessen sind in grafischer Darstellung zwei Kirchtürme zu sehen, die eine blaue Raute rahmen. Darunter steht lediglich "Zorneding Report".

Die Partei in der Kopfzeile zu erwähnen "wäre in der Vergangenheit schon sinnvoll gewesen", heißt es in dem Schreiben, das der Pfarrgemeinderat in seiner Sitzung am Dienstagabend einstimmig beschlossen hat. Damit hätte man eine "gewollte oder ungewollte Verwechslung mit der offiziellen Informationsschrift der Gemeinde Zorneding ausgeschlossen. Nun aber sei eine Kenntlichmachung "unverzichtbar".

"Selbstverständlich ist es jedem Menschen in unserem Land gestattet, seine Meinung frei zu äußern", heißt es weiter. Der Pfarrgemeinderat jedoch distanziere sich "in jeder Hinsicht von solch unqualifizierten, beleidigenden und törichten Formulierungen sowie verletzenden Inhalten, wie Frau Boher sie in ihrem Artikel verwendet hat".

Der Brief sei ein Anliegen des Gemeinderates gewesen

Zornedings Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende hat den Brief nicht unterschrieben. Er hatte sich bereits in einem Interview mit der SZ kritisch zu der Verwendung der christlichen Symbole im "Zorneding Report" geäußert. Es solle nicht der Eindruck entstehen, er habe den Pfarrgemeinderat zu dem Schreiben gedrängt. Tatsächlich handele es sich nämlich um eine "dringende Bitte des Pfarrgemeinderates".

Der stellvertretende Ortsvorsitzende Johannes Schott findet es "schade, dass der Wunsch existiert". Zum Teil könne er aber nachvollziehen, dass man sich verletzt fühle. Das Report-Team, welches er leitet, werde sich in den kommenden Wochen mit dem Brief auseinandersetzen. Redaktionsschluss für die Weihnachtsausgabe ist Anfang Dezember. Sylvia Boher war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Kirchtürme sind laut "Zorneding Report"-Gründer Herbert Mathä seit der ersten Ausgabe auf dem Titelblatt. Jakob Red sei damals sowohl Pfarrgemeinderat als auch CSU-Gemeinderat gewesen, "da gab es eine stille Übereinkunft". Zunächst seien die Türme gezeichnet gewesen, später habe ein Grafiker das Logo überarbeitet. Mathä versteht den Pfarrgemeinderat. "Der Report driftet immer mehr nach rechts ab."

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Quelle:
SZ vom 30.10.2015
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