Süddeutsche Zeitung

Prozess:Kaminkehrer bringt Kirchenmaler kein Glück

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Das Anwesen eines Forstinningers wird bei der Reinigung des Schornsteins total verrußt. Doch geklagt wird gegen den Freistaat.

Andreas Salch

Es ist immer dasselbe: Ist etwas passiert, will keiner schuld gewesen sein. Man habe ja alles richtig gemacht und sich an die Vorschriften gehalten, heißt es. Einem Kirchenmaler aus Forstinning hilft das aber rein gar nichts. Als der Kamin seines Hauses von einem Schornsteinfeger gereinigt wurde, gerieten Pechablagerungen an der Innenseite des Rauchfangs in Brand.

Folge: Der Kamin bekam Risse, ebenso eine Wand. Das Anwesen, in dem der Kirchenmaler mit seiner Familie wohnt, wurde durch das brennende Pech total verrußt. Mehr als fünf Jahre ist das jetzt her. Doch wer nun für die teure Sanierung des Kamins, die rund 25000 Euro verschlang, gerade stehen muss, ist nach wie vor unklar. Der Kirchenmaler, der für die vorläufige Begleichung des Schadens einen Kredit aufnehmen musste, sieht nicht ein, weshalb er allein für alles aufkommen soll und klagte deshalb jetzt vor dem Landgericht München II.

Weil Kaminkehrer, obwohl private Unternehmer, staatliche Aufgaben wahrnehmen, richtet sich die Klage gegen den Freistaat Bayern. Doch dessen anwaltliche Vertreter winkten in der Verhandlung vor der 11. Zivilkammer ab. Auch die Haftpflichtversicherung des Kaminkehrers, der den Schornstein des Kirchenmalers reinigte - fachmännisch spricht man von Ausbrennen - will nicht haften. Denn, so der Standpunkt der Assekuranz: Der Kaminkehrer habe alles richtig gemacht. Von schuldhaftem Handeln könne keine Rede sein.

Keine Fehler auf seiner Seite sieht auch der Inhaber eines Planungsbüros für regenerative Energien, den der Kirchenmaler mit dem Einbau eines Holzheizkessels im Jahr 2000 beauftragt hatte. "Ich habe sämtliche Vorgaben beachtet", versicherte er bei seiner Vernehmung vor Gericht. Außerdem habe der verantwortliche Bezirkskaminkehrermeister grünes Licht gegeben.

Wie dem auch sei. Feststeht, dass sich nach dem Einbau des Heizkessels an den Innenwänden des Kamins Pechrückstände bildeten. Und die hätten beseitigt werden müssen, habe ihm sein Kaminkehrer erklärt, berichtete der Kirchenmaler dem Vorsitzenden Richter. Also sei der Schornstein im Februar 2005 "ausgebrannt" worden.

Diese Methode habe sich in Jahrhunderten bewährt, sagte ein Kaminkehrermeister, den das Gericht als Sachverständigen geladen hatte. Ganz ungefährlich sei das Ausbrennen jedoch nicht. Dennoch, so beruhigte der Experte: "Es passiert relativ wenig."

Für Unruhe könnte der Fall vielleicht aber im Landratsamt Ebersberg sorgen. Weil der Kaminkehrer das Ausbrennen des Kamins nämlich im Auftrag der Behörde veranlasst hatte, hatte diese dem Kirchenmaler eine "Schuldübernahme" zugesichert und ihm 5000 Euro als Anzahlung für die Reparatur ausgezahlt. Als dieser jedoch die Endabrechnung vorlegte, machte das Landratsamt einen Rückzieher. Der Prozess wird nun im Juli fortgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2010
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