Süddeutsche Zeitung

Corona-Maßnahmen:Inspektionen ohne Informationen

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Die Freiheiten von Ungeimpften sind von diesem Mittwoch an deutlich eingeschränkt. Kontrollieren soll das die Polizei. In den Dienststellen in Ebersberg und Poing fragt man sich allerdings, wie das in der Praxis funktionieren soll.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Für Ungeimpfte im Freistaat wird es von diesem Mittwoch an ungemütlich. Dann treten die deutlich strengeren Corona-Maßnahmen in Kraft, die das bayerische Kabinett und der Landtag am Dienstag beschlossen haben. Für alle, die sich bisher nicht haben impfen lassen, bedeutet das einen "De-facto-Lockdown", wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte. Im Kern des Maßnahmenpakets nämlich stehen neuerliche Kontaktbeschränkungen. Demnach sind nur noch Treffen von maximal fünf ungeimpften Personen aus maximal zwei Haushalten möglich - Geimpfte, Genesene und vorerst auch Kinder unter zwölf Jahren sind ausgenommen. Wie bereits im vergangenen Winter, muss die Polizei also wieder vermehrt kontrollieren. In den Inspektionen in Ebersberg und Poing herrscht jedoch eine gewisse Ratlosigkeit, wie sich das in der Praxis umsetzen lässt.

"Das wird mehr als schwierig", sagt der Poinger Polizeichef Helmut Hintereder mit Blick auf die nun geltenden Regeln - und die Herausforderung für die Beamten, Geimpfte von Ungeimpften zu unterscheiden. "Die Frage wird sein, wie sich das praktikabel umsetzen lässt", ergänzt Ebersbergs Dienststellenleiter Ulrich Milius, der ein Beispiel nennt: Man könne doch nicht morgens am vollen Bahnhof jeden nach seinem Impfstatus fragen, da würden die Leute ja ihren Zug verpassen. Milius und Hintereder warten deshalb nun beide auf entsprechende Handlungsanweisungen, wie die Kontrollen von Ungeimpften am besten zu leisten sind. Helmut Hintereder rechnet mit einem entsprechenden Papier gegen Ende dieser Woche. Für Kollege Milius steht in Sachen Personenkontrollen jedoch bereits fest: "Wir werden auch das mit Fingerspitzengefühl angehen."

Polizei und Gesundheitsamt arbeiten eng zusammen

Wichtig bleibt deshalb auch die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt, das vor allem in Gaststätten ein Auge auf die Umsetzung der nun geltenden 2G-Regel hat. Man werde sich absprechen, wo Kontrollen sinnvoll seien, so Ulrich Milius. Die Polizei sei im Gegensatz zu den Beamten im Landratsamt schließlich 24 Stunden am Tag unterwegs. Dass die Ordnungshüter deshalb künftig aber wahllos in den Lokalen auftauchen werden, davon gehen die beiden Polizeichefs nicht aus. In öffentlichen Einrichtungen werde man nur einschreiten, wenn ein konkreter Hinweis vorliege, dass etwas schief laufe. "Wir werden keine verdachtsunabhängigen Kontrollen durchführen", sagt Helmut Hintereder.

Anders könnte das künftig wieder bei größeren Personengruppen auf der Straße sein, von denen sich die Polizisten stichprobenartig durchaus die Impfzertifikate vorlegen lassen dürften. Dabei wird aber nicht nur das von Ulrich Milius angesprochene Fingerspitzengefühl wichtig werden, sondern auch ein gewisser Selbstschutz der Beamten. Die Ebersberger Polizisten sind grundsätzlich mit FFP2-Masken unterwegs und auch auf die Hygienemaßnahmen wird in der Dienststelle in der Kreisstadt großen Wert gelegt. "Ich habe das Gefühl, dass das ein bisschen in Vergessenheit geraten ist", sagt Milius. Zusätzlich dazu wird auf Anweisung des Chefs sehr viel getestet: "Wenn jemand eine laufende Nase hat, will ich ihn nicht im Haus sehen." Lieber verzichte er auf den ein oder anderen Beamten, anstatt das Risiko einer Ansteckung einzugehen, so Milius.

Personell sind die Inspektionen gut aufgestellt

Personell sehen sich die beiden Polizeiinspektionen für die neuen Aufgaben ohnehin gut aufgestellt. Klar, die zusätzlichen Kontrollen würden einige Kräfte binden, dafür falle aber an anderer Stelle auch Arbeit weg. Ulrich Milius verweist auf die abgesagten Veranstaltungen wie Christkindlmärkte im Winter und Volksfeste im Sommer. "Die Polizei wird ihre Aufgaben immer erledigen können", sagt der Ebersberger Dienststellenleiter. "Trotzdem können wir mit unserer Personalstärke nicht protzen." Wie die Kräfte nun am besten für die neuen Herausforderungen verteilt werden, muss im weiteren Verlauf der Woche allerdings noch geklärt werden.

Unterdessen bleibt die Corona-Inzidenz im Landkreis weiterhin hoch, am Dienstag meldete das Landratsamt einen Wert von 635. Das schlägt sich auch in der Bettenbelegung der Ebersberger Kreisklinik nieder, wo derzeit 34 Patienten mit einer Covid-19-Erkrankung behandelt werden. 25 davon kommen aus dem Landkreis. Auf der Intensivstation versorgt werden acht Patienten - jeder von ihnen muss beatmet werden. 20 der Patienten sind laut der Kreisbehörde nicht geimpft, 14 schon. Zwei geimpfte Personen liegen auf der Intensivstation. Außerdem gibt es 17 Verdachtsfälle in der Klinik.

Booster-Impfungen werden gut angenommen

Vergleichsweise gute Nachrichten gibt es derweil in Sachen Impfung, zumindest was den dritten Piks angeht. Knapp zehn Prozent aller Landkreisbürger haben sich inzwischen die Auffrischung geholt. "Ich freue mich, dass die Booster-Impfungen nun so gut angenommen werden. Unser Impfzentrum leistet mit seinem sehr starken Team ganze Arbeit," sagt dazu Landrat Robert Niedergesäß (CSU). An der Gesamt-Impfquote hapert es in Ebersberg aber nach wie vor, diese stagniert weiter bei rund 64,5 Prozent.

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