Süddeutsche Zeitung

Natur im Landkreis:Willkommene Niederschläge

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Im Oktober, November und Dezember hat es über dem Landkreis Ebersberg deutlich mehr geregnet als im langjährigen Durchschnitt. Das lässt sich mittlerweile auch an den gestiegenen Grundwasserständen ablesen. Ein Grund zur Entwarnung ist das allerdings nicht.

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Über das Jahr betrachtet schwankt die blaue Kurve etwas. Aber stets bleibt sie weit unter den 499,85 Metern. Die stehen bei der Plieninger Grundwassermessstelle (556A) für den Mittelwert der Jahre 1971 bis 2022. Ab Mitte November steigt die Linie dann scharf an, bis auf 500,34 Meter kurz vor dem Jahreswechsel. "Wir sprechen von einem Anstieg von ungefähr 1,2 Metern innerhalb nur weniger Wochen", sagt Marion Natemeyer, für den Landkreis Ebersberg zuständige Abteilungsleiterin im Rosenheimer Wasserwirtschaftsamt.

Dass sich die Reservoirs binnen Wochen auffüllen wie sonst meist innerhalb Monaten nicht, ist erst mal eine gute Nachricht. "Gerade in den vergangenen Jahren sind die Mittelwerte sehr oft unterschritten worden", erklärt Natemeyer. "Da tut ein so deutlicher Ausschlag nach oben, auch wenn er nur eine Momentaufnahme ist, natürlich erst einmal gut." Statistisch betrachtet fielen die Plieninger Werte in die Kategorie "hohe bis sehr hohe Grundwasserstände". Höheres Grundwasser bedeute immer auch eine höhere Sicherheit bei der Wasserversorgung, erklärt Natemeyer.

Rund 400 Millimeter Regen stellte die nächstgelegene Niederschlagsstation Ebersberg-Halbing zwischen Mitte Oktober und Ende Dezember fest. Zur Grundwassermessstelle nach Pliening sind es Luftlinie zwar gut 18 Kilometer. "Aber das Grundwasser fließt in nördlicher Richtung und nähert sich dort einem in der Münchner Schotterebene recht hohen Flurabstand", erklärt die Abteilungsleiterin. Flurabstand lautet der Fachbegriff für den Höhenunterschied zwischen Geländeoberfläche und Grundwasseroberfläche.

Die Grundwassermessstelle an der Anzinger Sauschütt (305A) verzeichnete einen Anstieg von etwa 90 Zentimeter. Bei der Messtelle D83 in Poing liegt der Pegel knapp unter Mittelwasser - mit einem Anstieg von fast einem Meter in den vergangenen zwei Monaten. Weiter südlich im Landkreis ist das Plus geringer. Regenwasser braucht einfach länger, bis es zum Grundwasser durchsickert. Aber auch unter zahlreichen Messstellen im Süden liegt der Pegel aktuell über dem langjährigen Mittelwert oder kommt ihm wieder sehr nahe.

Ein Grund zur Entwarnung sind die Werte allerdings nicht. "Der Trend zeigt statistisch betrachtet nach wie vor nach unten", sagt Natemeyer. "Einige Wochen hohe Niederschläge drehen keine Klimakrise um."

In der Schotterebene kann der Boden den Regen gut aufnehmen

Das sieht auch Martin Bachmann vom Ebersberger Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten so. Wobei sein Arbeitsschwerpunkt eher auf dem Boden, denn auf dem Wasser darunter liegt. Aber genau dort ist der Effekt des vielen Niederschlags weitreichender. "Gerade in Richtung südlichem Landkreis kann der Boden den Regen wegen dem geringeren Schotteranteil besser aufnehmen", sagt Bachmann. "Und das passiert auch."

Für viele Bäume bedeute dies im Vergleich zu den Vorjahren deutlich bessere Startvoraussetzungen für die in zwei, drei Monaten beginnende Vegetationsphase. "Die starten dann sozusagen mit vollem Tank und niedrigem Stresslevel." Gerade für flachwurzelige Fichten, die vielleicht auch schon mit dem Borkenkäfer gekämpft hätten, erhöhe der sprichwörtliche volle Tank die Überlebenschancen im Sommer deutlich. Auch bei allen anderen Bäumen gelte: "Sie können einfach Reserven aufbauen, die sie gegen die nächste Trockenheit widerstandsfähiger macht."

Doch auch hinter der guten Nachricht des vielen Regens steckt Bachmann zufolge eine schlechte. "Dass wir plötzlich im Herbst so extreme Niederschläge haben, das ist kein Zeichen, dass sich die Lage entspannt. Sondern, dass die Extreme zunehmen."

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