Süddeutsche Zeitung

Mitten in Ebersberg:Wer steht denn da auf dem Flur?

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Pferde sind schon seit längerem aus dem Ebersberger Stadtbild verschwunden - aber sind sie auch wirklich weg?

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Das mit dem Fasching ist ja eine traurige Angelegenheit, also dass der heuer schon wieder nicht stattfindet. Neben dem Verzicht auf Pappnasen und andere mehr oder weniger kreative Kostümierungen, sowie der Absage von Umzügen und -trünken, bedeutet dies auch den Ausfall der alle Jahre wieder von so vielen Leuten so geschätzte Dauer-Präsentation der Faschings-Evergreens: Keine "Polonäse Blankenese", kein "Humba Tätärä", Major Tom bleibt am Boden, die Frisösen angezogen und es steht auch kein Pferd auf dem Flur - oder vielleicht doch?

Kürzlich eines Abends in der Ebersberger Innenstadt: Die letzten Reste des Berufsverkehrs fließen über den Marienplatz, von einem dortigen Parkplatz biegt ein auf den ersten Blick unauffälliges Fahrzeug ein. Als es an der Fußgängerampel anhält, fällt die Aufschrift auf der Seite ins Auge, die das Auto als Transportmittel eines Pferdedoktors ausweist, der auch Hausbesuche macht. Nur scheint es, dass er dafür etwas zu spät dran ist - ein paar Jahrhunderte um genau zu sein. Denn tatsächlich befand sich gleich in der Nähe einstmals der Pferdestall der einstmaligen "Oberen Taverne". Letztere ist - im Gegensatz zur "Unteren Taverne", die inzwischen als Rathaus fungiert - ihrer Funktion unter neuem Namen - erst Oberwirt, heute Akropolis - treu geblieben. Ersterer wurde umgebaut, dort war bis vor ein paar Jahren eine Apotheke untergebracht - ob es vor dem Haus zu Vorkommnissen mit bulimischen Unpaarhufern kam, ist nicht bekannt - und ist inzwischen eine Bäckerei samt Café, in dem sich in aller Regel keine Großsäuger aus der Familie der Equidae aufhalten.

Wen also hat der Pferdedoktor besucht? Ist ein Ross - nein, nicht entsprungen, sondern in eine der Wohnungen am Ebersberger Marienplatz eingezogen? Vielleicht auch mehrere? Sorgsam verborgen hinter dichten Gardinen? Trauen sich nur heraus wenn es dunkel ist, oder Faschingszeit, wenn sie sich für ihr lebensechtes Pferdekostüm bewundern lassen können? Ist eines davon im Flur über den Schirmständer gestolpert und hat sich den Huf verstaucht, weshalb der Pferdedoktor kommen musste?

Natürlich ist das alles Unfug. Wahrscheinlich hat der Pferdedoktor nur kurz bei einem der umliegenden Geschäfte eingekauft und war gar nicht dienstlich da. Oder es steht ja doch irgendwo in Ebersberg ein Pferd auf dem Flur.

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