Süddeutsche Zeitung

Haushalt Kirchseeon:Fiskalische Berg- und Talfahrt

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Der Marktgemeinde könnte ein sehr gutes Haushaltsjahr bevorstehen, an dessen Ende man sogar de facto schuldenfrei wäre. Doch das ist nur ein Zwischenstand.

Von Wieland Bögel, Kirchseeon

Die Marktgemeinde Kirchseeon liegt geologisch betrachtet zwischen zwei Landschaften: Im Norden und Westen die platte Schotterebene, im Süden und Osten die hügelige Endmoräne. Mindestens genau so hügelig gestaltet sich der Kirchseeoner Haushalt der kommenden Jahre, zumindest, wenn man die Auf und Abs bei Schulden und Rücklagen betrachtet. Langfristig soll diese Berg- und Talfahrt aber etwas abgemildert werden - und die Lösung hat im weitesten Sinne auch mit Landschaft zu tun.

Die Zahlen, welche Kämmerin Christiane Prosser nun in der Sitzung des Marktgemeinderates präsentierte, zeigen für das aktuelle Jahr eine sehr positive Entwicklung: Neue Kredite werde man heuer nicht aufnehmen müssen, dafür etwa 360 000 Euro alte Schulden tilgen, so dass die Marktgemeinde am Jahresende noch mit 5,15 Millionen Euro in der Kreide steht. Im gleichen Zeitraum sollen die Rücklagen aber kräftig steigen, um knapp 3,28 Millionen Euro auf dann 5,83 Millionen zum Jahresende. Rein rechnerisch wäre die Marktgemeinde damit rund eine halbe Million im Plus - allerdings muss Kirchseeon auch für das Wasserwerk geradestehen, und dieses Kommunalunternehmen wird aufgrund anstehender Investitionen heuer kräftig Schulden machen: Von 722 000 auf rund 1,31 Millionen Euro werden sich die Verbindlichkeiten bis Jahresende erhöht haben.

Die Sanierung der Schule in Eglharting wird vermutlich teuer

Ohnehin ist die theoretische Schuldenfreiheit nur ein Zwischenstand, in den kommenden Jahren geht es wieder tief in die roten Zahlen: Bis Ende 2024 sollen die Schulden auf 7,82 Millionen Euro steigen, die Rücklagen auf 1,46 Millionen sinken. Ein weiteres Jahr später ist eine Verschuldung von 11,39 Millionen und Rücklagen von lediglich noch 602000 Euro absehbar. Grund ist die anstehende Sanierung der Schule in Eglharting, zwischen 2023 und 2025 sollen dafür zehn, insgesamt sogar 20 Millionen Euro ausgegeben werden.

Heuer stehen dort lediglich 230 000 Euro für die Turnhalle an, ohnehin ist das Investitionsprogramm für 2022 eher überschaubar. Größter Einzelposten sind 700 000 Euro für das Hallenbad, 600 000 Euro für Arbeiten am Wasser- und Kanalnetz sowie 300 000 für die Umgestaltung des Marktplatzes. Außerdem sind noch zwei Millionen Euro eingestellt für Grundstückskäufe - ob man das Geld aber überhaupt abrufen werde, sei unklar, so Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) auf Nachfrage. Das hänge davon ab, ob der Gemeinde Grundstücke angeboten würden - und zu welchem Preis.

Insgesamt beträgt der Vermögenshaushalt, der die Investitionen abbildet, daher auch nur 10,23 Millionen Euro, 22,65 Millionen groß ist der Verwaltungshaushalt, der die laufenden Ausgaben beinhaltet. Die mit Abstand größte macht die Kreisumlage mit 5,75 Millionen Euro aus, die Personalkosten betragen 4,68 Millionen und der Unterhalt der Gemeindeimmobilien 2,23 Millionen Euro. Bei den Einnahmen ist der größte Posten die Einkommensteuerbeteiligung mit 7,86 Millionen Euro. Zuschüsse und Zuweisungen sollen 2022 in Höhe von 3,35 Millionen und Schlüsselzuweisungen in Höhe von 2,29 Millionen Euro fließen. Erst danach folgen Gewerbesteuer mit 2,5 und Grundsteuer mit 1,25 Millionen Euro.

Mehr Gewerbe könnte mehr Steuern in die Kirchseeoner Kasse spülen

Eine Unwucht, die auch den Gemeinderatsmitgliedern nicht unbekannt ist. Grundsätzlich seien der Haushalt und der Finanzplan "solide und vorausschauend" lobte Peter Kohl (CSU), seine Fraktion werde daher zustimmen. Gleichzeitig sei es ein altes Problem der Marktgemeinde, dass man deutlich unterdurchschnittlich abschneide bei der Gewerbesteuer. Laut Kohl beträgt sie in ähnlich großen Kommunen etwa 700 Euro pro Einwohner, in Kirchseeon dagegen nur 200. Diana Thalhammer (SPD) schlug in dieselbe Kerbe, sie sei besorgt, dass Kirchseeon nur an Platz 16 der 21 Landkreiskommunen stehe, was die Steuerkraft angeht. Oberstes Ziel müsse es sein, mehr Einnahmen zu generieren - "wenn ich nur wüsste, wie das gehen soll." Ähnlich klang das bei Christian Eringer (UWG),: "Wenn man keine Grundstücke hat, kann man halt keine Gewerbeflächen ausweisen."

Weshalb man sich den Flächennutzungsplan anschauen müsse, regte Susanne Markmiller (FDP) an, denn es gelte "in der Ortsplanung aktiver zu sein". Sie schlug auch vor, beim Wasserwerk zu prüfen, ob dieses wirklich in kommunaler Hand sein müsse. "Da sehe ich persönlich den Nutzen nicht, wenn man es privatisiert", sagte Bürgermeister Paeplow, die Kosten würden dann eben an anderer Stelle auflaufen, etwa bei den Gebührenzahlern. Was aber die Überarbeitung des Flächennutzungsplans betrifft, die hält auch der Rathauschef für "das Mittel, um den Ort zu entwickeln."

Insgesamt überwog aber die Zufriedenheit mit der finanziellen Entwicklung der Kommune. "Wir stehen gut da", zeigte sich Rüdiger Za (Grüne) zuversichtlich, " das sah vor ein paar Jahren noch ganz anders aus". Dies sei ein Haushalt, "der uns eine gewisse Planung ermöglicht", sagte der Bürgermeister, mahnte aber noch an, die Ausgaben stets im Blick zu behalten. Ohne Gegenstimmen wurden Haushalt und Finanzplan schließlich angenommen.

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