Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Versprochen ist versprochen

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Kirchseeons Gemeinderat ist hoch anzurechnen, dass die Mitglieder die Vergangenheit nicht unter den Teppich kehren - sondern einer externen Prüfung unterziehen

Von Andreas Junkmann

Das Wort Transparenz geisterte Anfang dieses Jahres immer wieder durch die Marktgemeinde Kirchseeon. Im Kommunalwahlkampf hatten in CSU, SPD, Grüne, UWG und FDP alle im Kirchseeoner Gemeinderat vertretenen Parteien versprochen, der Öffentlichkeit mehr Einblick in die politischen Prozesse am Ort geben zu wollen. Nun sind Wahlversprechen nach dem Urnengang zuweilen ja nicht von besonders langer Dauer, im Fall von Kirchseeon hat der Gemeinderat am Montagabend aber ein starkes Zeichen gesetzt: Mit großer Mehrheit votierten die Mitglieder dafür, dass die Vorgänge um das Haus für Kinder lückenlos aufgearbeitet und den Bürgern präsentiert werden.

Gerade für dieses Projekt musste sich der alte Gemeinderat in den vergangenen Jahren viel Kritik anhören. Vorwürfe seitens der Bevölkerung wurden erhoben, es werde leichtfertig mit Steuergeldern umgegangen, die Planungen seien nicht sauber abgewickelt worden und überhaupt seien die ganzen Vorgänge rund um die neue Betreuungseinrichtung irgendwie undurchsichtig. Das alles ist freilich nicht komplett von der Hand zu weisen. Tatsächlich musste sich die Gemeinde einige kritische Fragen durchaus zurecht stellen lassen: Etwa, warum das Erdreich - mit dem es in Kirchseeon immer wieder Probleme gibt - nicht ausreichend untersucht worden ist, bevor die Bagger auf dem Grundstück angerollt sind. Oder warum hunderttausende Euro monatelang nicht auf der Endabrechnung für das Gebäude auftauchten.

Eine Antwort darauf sollen nun die Experten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsausschusses geben, die mögliche Versäumnisse im Zusammenhang mit dem Projekt aufdecken sollen. Es ist ein Vorgang, auf den die Gemeinde einfach hätte verzichten können, schließlich ist das Kinderhaus inzwischen in Betrieb und die Arbeiten stehen nun endgültig vor dem Abschluss. Umso höher ist es Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) und seinen Gemeinderatskollegen anzurechnen, dass sie die Vergangenheit nicht einfach unter den Teppich kehren wollen - und das in dem Wissen, dass bei der Prüfung nicht nur mögliche Rückzahlungen winken, sondern womöglich weitere Fragen auftauchen werden, die sie dann - ganz im Sinne der Transparenz - beantworten müssen.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2020
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