Süddeutsche Zeitung

"Irrsinniger Bedarf":Günstig mieten

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Poing bezuschusst den Bau von 60 Sozialwohnungen

Von Johanna Feckl, Poing

Seit Jahren schon ist München bezogen auf die durchschnittlichen Mietpreise für Wohnungen die teuerste Stadt Deutschlands. Das macht sich auch im Umland bemerkbar - zum Beispiel in Poing. Um trotzdem Menschen mit einem niedrigen oder mittleren Einkommen das Wohnen zu ermöglichen, haben die Gemeinderäte in Poing in ihrer jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen, den Bau von 60 einkommensorientiert geförderten Mietwohnungen (EOF) im neuen Wohngebiet W7, dem Lerchenwinkel, sowie 75 Stellplätze in einer eingeschossigen Tiefgarage zu bezuschussen. 286 500 Euro werden damit in das Projekt fließen, jeweils ebenso viel sollen vom Landkreis Ebersberg kommen sowie ein Zuschuss von der Regierung von Oberbayern.

Alle 60 Wohnungen werden barrierefrei zugänglich sein und somit auch für Ältere oder Menschen mit einer Behinderung geeignet sein, wie Renate Karisch von der Gemeindeverwaltung in der Sitzung am Donnerstagabend sagte. Auch die Tiefgarage wird laut Antrag der Südhausbau KG, Bauherrin des Projekts, über eine eingehauste zweispurige Rampe mit Zufahrt im Osten erschlossen. Es sollen sieben Ein-Zimmer-Wohnungen entstehen, 20 Zwei-Zimmer-Wohnungen, 17 Drei-Zimmer-Wohnungen und 16 Vier-Zimmer-Wohnungen, so Kurisch weiter. Der Baubeginn ist für Anfang des kommenden Jahres geplant, die Fertigstellung etwa für Herbst 2022. Die Nettomieten werden zwischen sechs und acht Euro pro Quadratmeter betragen. Wie Karisch erklärte, liegt der eigentliche Nettopreis pro Quadratmeter bei der Erstvermietung bei 12,90 Euro. Die Einkommensstufe der Mieter bestimme dann, wie viel gefördert wird - das regele das Wohnungsfördergesetz.

Ein Antrag auf Baukostenzuschuss in gleicher Höhe wurde von der ausführenden Baufirma auch beim Landratsamt in Ebersberg eingereicht, die Bewilligung steht jedoch noch aus, wie es in der Beschlussvorlage heißt. Beide Zuschüsse sind die Voraussetzung, damit die Regierung von Oberbayern staatliche Fördermittel zur Verfügung stellt. Renate Karisch stellte anschließend die Beurteilung des Projekts durch die Verwaltung dar: Zum einen handele es sich bei dem Projekt um den Ende 2018 vertraglich vereinbarten ersten Bauabschnitt der EOF-Wohnungen. Der beantragte Zuschuss sei finanzierbar sowie vergleichsweise gering und stelle die Voraussetzung für andere Zuschüsse dar. Außerdem habe Poing ausreichend Einfluss auf die Belegung und das Vorhaben entspreche den Vorstellungen der Gemeinde von attraktiven EOF-Wohnungen. Und: Der Bedarf an sozial geförderten Wohnraum in Poing sei vorhanden.

Wie groß der Andrang tatsächlich ist, machte Karisch anhand der Bewerber auf die aktuell zu vergebenen EOF-Wohnungen in der Bergfeldstraße deutlich: 199 Bewerbungen auf 33 Wohnungen gab es. Pro Wohneinheit habe die Gemeinde drei Bewerber zur Besichtigung eingeladen, einige Interessenten hätten aber auch vorab bereits eine Absage erhalten, so Karisch weiter. Bezogen werden sollen die günstigen Mietwohnungen in den ersten Monaten des nächsten Jahres.

"Der Bedarf an solchen Wohnungen ist riesig", sagte Gemeinderat und CSU-Fraktionssprecher Herbert Lanzl. "Das wird sich meines Erachtens auch über viele viele Jahre hinweg nicht entspannen." Wiederholt machte er deutlich, wie dringend die EOF-Wohnungen gebraucht würden; 60 Wohnungen mögen zwar nach viel klingen, "aber es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein". Er regte an, eine Besichtigung von Seiten des Gemeinderats der geförderten Wohnungen in der Bergfeldstraße, deren Vergabe derzeit läuft, zu organisieren. Laut Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) sei das kein Problem.

SPD-Fraktionssprecher Peter Maier stimmte seinem Gemeinderatskollegen zu, indem er den "irrsinnigen Bedarf" betonte, "den wir aktuell nicht decken können". Er sprach sich dafür aus, die Anstrengungen, EOF-Wohnungen zu bauen, noch mehr zu verstärken. An die Verwaltung gerichtet stellte er die Frage, ob die Zweckbindung der Wohnungen als EOF-Wohnungen, die derzeit 25 Jahre beträgt, verlängert werden könnte. "Das dürfen wir nicht", sagte Bürgermeister Stark. Die zeitliche Bindung ist demnach gesetzlich geregelt. "25 Jahre - mehr geht da leider nicht", so Stark weiter.

Gemeinderätin Yvonne Großmann (Grüne) regte an, den Umzug von Seniorinnen und Senioren in kleinere Wohnungen zu fördern - oft scheitere es daran, dass für eine kleinere Wohnung mehr Miete zu zahlen ist, als für die aktuelle. Renate Karisch erklärte daraufhin, dass Menschen, die derzeit in einer EOF-Wohnung leben und in eine kleinere EOF-Wohnung umziehen möchten, bei der Vergabe bevorzugt behandelt würden.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2020
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